Schmerzvolle Geheimnisse

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bobbi Avatar

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Trude Teige hat mit ihrem Roman „Als Großmutter im Regen tanzte“ in Norwegen einen Bestseller gelandet – nun erscheint er auf Deutsch und verwebt bewegend eine generationsübergreifende Familiengeschichte aus Norwegen mit einem dunklen Kapitel des Zweiten Weltkrieges in Demmin.

Dabei verwendet Trude Teige gekonnt zwei zeitliche Perspektiven, die sie abwechselnd verwendet, um tief in die Ereignisse zu tauchen: In der einen Zeitleiste kehrt Enkelin Juni auf eine kleine norwegische Insel in das Haus ihrer verstorbenen Großeltern zurück – ihre Mutter Lilla ist verstorben und sie räumt den Nachlass auf. Dabei nutzt sie die Chance, vor ihrem gewalttätigen Ehemann zu fliehen. Als sie ein Foto ihrer Großmutter Tekla mit einem deutschen Soldaten sowie Briefe entdeckt, gerät Juni in einen Sog des Recherchierens. Schon immer waren die Verhältnisse von Müttern und Töchtern in der Familie von Geheimnissen, unergründlichen Vaterschaften und einer tiefen emotionalen Distanz geprägt und die Spuren der Kriegstraumata wurden weitergegeben.

Auf der anderen Zeitebene schildert Teige eindringlich und mit viel historischer Recherchearbeit das Schicksal von Großmutter Tekla – sie verliebt sich als Mädchen auf der norwegischen Insel in einen deutschen Soldaten, hat als „tyskerjentene“ („deutsches Mädchen“) mit tiefgreifenden Anfeindungen zu kämpfen und folgt schließlich ihrem Otto in das zerstörte Deutschland. Auf dem Gutshof von Ottos Eltern in Demmin wollen die beiden sich eine neue Zukunft aufbauen, doch der Krieg und seine weiteren Folgen werden das von der Roten Armee besetzte Demmin in ein tiefes, schmerzvolles Trauma werfen: die Massensuizide von 1945.

Trude Teige schreibt klar, unterhaltsam und berührend – leider bleiben manche weibliche Charaktere etwas unausgeleuchtet und an einigen Stellen rutscht der Sprachstil ins Seichte und zu ausführlich Erklärende ab. Trotzdem ein emotionaler und wichtiger Roman mit zwei brisanten historischen Themen, erschütternden Rückblenden in die Auswirkungen des Krieges und einer packenden Familiengeschichte, die von transgenerationaler Traumatisierung geprägt ist.