Ein stilles Leuchten im ewigen Schnee

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linchen8295 Avatar

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Tina Harnesk erzählt in „Als wir im Schnee Blumen pflückten“ eine Geschichte, die unter die Haut geht. Leise, kraftvoll und von tiefer Menschlichkeit getragen. Im Mittelpunkt steht Máriddja, eine alte Samin, deren Leben sich dem Ende zuneigt. Während sie mit der Diagnose Krebs ringt, kümmert sie sich liebevoll um ihren dementen Ehemann Biera. Doch sie verschweigt ihm ihre Krankheit, aus Fürsorge, nicht aus Feigheit. Sie will ihm den Schmerz ersparen und die verbleibende Zeit in Würde erleben.

Gleichzeitig lernen wir Kaj und Mimmi kennen, ein junges Ärztepaar, das in die ländliche Abgeschiedenheit zieht. Auch sie kämpfen mit Verlust, mit der Suche nach Zugehörigkeit, nach Sinn inmitten der Stille. Nach und nach verweben sich die Leben der Figuren, leise und ganz organisch, wie Schneeflocken, die sich auf einem Ast sammeln.

Harnesk erzählt von Liebe, Verlust und kultureller Entwurzelung mit Humor, Herzenswärme und einem Hauch Magie. Besonders bezaubernd sind die Gespräche zwischen Máriddja und „Sire“, der freundlichen Stimme auf ihrem Handy. Sie geben der Figur eine moderne Tiefe und gleichzeitig eine fast märchenhafte Leichtigkeit.

Mit viel Feingefühl thematisiert der Roman Demenz, Abschied und den Umgang mit Sterben, ohne je in Kitsch oder Rührseligkeit zu verfallen. Er ist durchdrungen von der samischen Kultur, vom Rhythmus der Natur, von alten Geschichten und leiser Weisheit.

„Als wir im Schnee Blumen pflückten“ ist ein Buch, das nicht laut ist – aber lange nachhallt. Es macht traurig, hoffnungsvoll, warm ums Herz. Wer poetische, kluge Literatur liebt, in der Figuren wachsen dürfen und Landschaft zur Sprache wird, wird diesen Roman nicht vergessen.