So ist das wohl, wenn die Generation X erwachsen wird

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Das Ende des Studiums, die schier unbegrenzte Zahl an Möglichkeiten und die eine, die ergriffen wird und mit der man aus seinem Leben etwas machen möchte - das ist die Zeit, „Als wir unbesiegbar waren“. Ein treffender Titel für den Aufbruch am Ende der Kindheit und am Rande des Erwachsenenlebens, wo noch alles unscharf ist, alles Verheißung und erreichbar.

Alice Adams‘ Debütroman begleitet vier Briten aus der Generation X (geboren in den 1970ern) von diesem magischen Moment an in die Welt: das gutaussehende Geschwisterpaar Lucien und Sylvie, denen die Leichtigkeit gegeben ist, die ihrer vaterlosen Kindheit fehlte, Benedict, der handfest weiterstudiert und seine bodenständigen Wissenschaftstraum des promovierten Physikers verfolgt, und schließlich die zurückhaltende Eva, die dem sozialistischen Elternhaus entflieht und in der City of London als Brokerin das große Geld machen möchte. Alle vier sind zudem durch ein Geflecht der Gefühle miteinander verbunden, insbesondere Eva mit Benedict und Lucien. Die Lebensläufe der vier erleben von 1995 bis 2015 zum Teil dramatische, zum Teil vorhersehbare Wendungen, wobei die Autorin offensichtlich zeigen möchte, „wie das Leben so spielt“.

Der Roman springt von Kapitel zu Kapitel in der Zeit, mal wenige Tage, meist Monate, bisweilen Jahre. Der erzählerische Mittelpunkt liegt bei Eva, die eine grundlegende Wandlung von der eher grauen Maus zum erfolgreichen Finanzhai und zurück in ein soziales Leben durchmacht. Die Erlebnisse der vier sind kaum überraschend und ernüchternd: Lucien fällt mit seinem Partydasein ganz tief, Sylvie gelingt es erst spät, sich von ihrem Traum als gefeierte Künstlerin zu lösen, Eva vermisst in ihrem Lebend das Menschliche und eine Familie und Benedict, der es von allen am besten schafft, beruflich ans Ziel zu kommen, gerät privat in eine ungeliebte Ehe. Die Autorin scheint gewillt zu zeigen, dass man auf sein Herz hören, aber dennoch einen anständigen Beruf ergreifen sollte.

Die Stärken des Romans

In der ersten Hälfte lernt man die vier Protagonisten kennen und wiedererkennt auch die eigenen Lebensentscheidungen, die jedem Menschen in bestimmten Jahren seines Lebens auferlegt werden. Gespannt verfolgt man die Entwicklungen, wobei klar ist, dass die Autorin mehr möchte, als nur die lapidare Erkenntnis zu transportieren: „So ist das wohl, wenn man erwachsen wird. Alle treiben in unterschiedliche Richtungen davon.“ (S. 100)

Die Figuren und die Handlungsstränge tragen, weil man eine große Sympathie für die vier entwickeln kann - vor allem für Eva und Sylvie, selbst wenn die Persönlichkeiten nicht in allen Bereichen Nähe zulassen. Der Erzählduktus ist flott, die Sprache gefällig.

Die Schwächen des Romans

Die abrupten Zeitsprünge zwingen den Leser fast immer, zum letzten Kapitel zurückzublättern und zu überprüfen, wie viel Zweit diesmal vergangen sein soll. Die Perspektivwechsel zwischen den vier Charakteren sind nicht immer gelungen: Statt jede Entscheidung bis ins letzte Detail in den wechselnden inneren Monologen vorgekaut zu bekommen, wäre eine auktorial erzählte Handlung bisweilen eleganter, weil sie bei der Lektüre das Mitdenken, Mitentdecken und Mitfiebern erleichtern würde. Der Stil gerade der inneren Monologe ist alles andere als subtil: Alles liegt offen da und verhindert Interpretationen und alternative Lesarten.

Fazit

Dass die Handlungen auf ein Happy End gebürstet werden, stört kaum, sondern erfüllt die Erwartungen, die durch die Sympathie geweckt wurden. Nicht übermäßig lang, ist „Als wir unbesiegbar waren“ eine empfehlenswerte Sommerlektüre über das Sehnen, Hoffen und Leben der Generation X.