Ein Buch wie ein Quilt

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meldsebjon Avatar

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Ein Quilt ist eine aus verschiedenen Stoffresten zusammengesetze Decke, eine Patchworkarbeit, die viel Arbeit macht, individuell je nach der Fähigkeit der Näherinnen entsteht und durchaus ein kleines Kunstwerk sein kann. So ist auch dieses Buch geschrieben: Viele verschiedene Handlungsstränge vereinen sich zu einem harmonischen Ganzen. Die Autorin hat die verschiedenen Kapitel nach verschiedenen Stoffarten bzw. Farben benannt. Manchmal mit der Andeutung: Wenn dieser Tag ein Stoff wäre, dann wäre er...

Die Hauptfigur Rhia ist moderner, als es ihre Zeit eigentlich zulässt, hat einen eigenen Willen. Gegen den Willen ihres Vaters liest sie regelmäßig Zeitung und hat dadurch Gedanken, die so gar nicht zu einer wohlerzogenen Tochter aus gutem Hause passen. Allerdings ist sie selbst gar nicht so sicher, dass das immer alles so richtig ist.

Zum Inhalt: Die Industrialisierung in England führt dazu, dass sich handgewebte Stoffe nicht mehr verkaufen lassen. Das führt die Weber in die Arbeitslosigkeit iund die Unternehmer in die Pleite. Zu letzteren gehört Rhias Vater, der aber sein eigenes Scheitern nicht mehr erlebt, weil er vorher durch einen Brand ums Leben kommt. Da sich für Rhia keine Möglichkeit zur Heirat ergibt, reist sie nach London, um sich eine Stelle zu suchen, obwohl sie sich so gar nicht als Gouvernante sieht. Möglicherweise kann ihr ihre Begabung, Stoffe zu entwerfen helfen, sich auf damals für Frauen ungewöhnliche Weise ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Aber dann kommt es zu einem neuen Todesfall und ein alter wirft Fragen auf und alles ändert sich.

Viele Abenteuer warten auf Rhia und ihre Freunde, wobei sich erst noch herausstellen wird, wer denn nun wirklich als Freund bezeichnet werden kann und wer nur so tut. Auf den Leser wartet eine kurzweilige Reise in eine Zeit im Umbruch. Die Stellung der Frau, die ganze Gesellschaft verändert sich. Nicht nur die mechanischen Werkzeuge, auch die Anfänge der Photographie, der Aufschwung der Zeitungen, die Ausdehnung des Handels über die ganze Welt erlebt der Leser hautnah mit.

Einen Stern ziehe ich ab, weil mir persönlich nicht gefällt, dass Rhia gelegentlich mit Toten spricht und Geister sieht oder zu sehen glaubt. Das mag ja für Iren, besonders der damaligen Zeit gar nicht ungewöhnlich sein, aber für mich passt das irgendwie nicht so recht in das Buch.