Fast vergessenes Trauma

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alocasia Avatar

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„Wir haben unsere Narben davongetragen, und die bleiben uns bis ans Ende unseres Lebens. Ich will Gerechtigkeit. Ich will, dass man davon weiß.“ (S.309/310)

In „Am Meer ist es schön“ begleiten wir Susanne, deren Mutter im Sterben liegt. Dieses Ereignis reißt alte Wunden auf. Als Kind wurde Susanne aufgrund ihres geringen Gewichts ohne ihre Eltern in ein Kurheim geschickt. Was sie dort erleben musste, verfolgt sie bis heute und auch ihre Mutter trägt die Schuld noch in sich.

Die Geschichte springt zwischen Gegenwart und Vergangenheit, was grundsätzlich gut funktioniert, aber teilweise den Lesefluss hemmt, vor allem die Gegenwartskapitel wirken mitunter etwas zäh, die Rückblicke sind teils eindringlich, teils auch etwas schleppend. Dadurch hat auch die emotionale Tiefe gelitten. Trotz der dramatischen Erfahrungen hat mich das Buch nicht so berührt, wie es dieses wichtige Thema eigentlich sollte.

Besonders erschütternd ist die Schilderung der Zustände in den sogenannten "Verschickungsheimen", ein Thema, das fast vergessen scheint und das das Buch trotz mancher Schwächen lesenswert macht. Der Stil ist typisch Leciejewski: etwas kitschig, aber noch im Rahmen. Insgesamt liest sich der Roman zügig, die Umsetzung bleibt jedoch hinter dem wichtigen Thema zurück.