Schwarze Pädagogik

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leseliese Avatar

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Susannes demente Mutter liegt im Sterben und wird von ihr und Tochter Julia besucht. In einem "wachen" Moment erklärt die Mutter, dass es ihr leid tue, und Susanne weiss sofort, was damit gemeint ist: Sie wurde, weil vom Amtsarzt als zu schmächtig beurteilt, 1969 als achtjährige an die See zur "Kur" geschickt. Dort wurde allerdings alles daran gesetzt die Kinder zu demütigen und zu brechen. Wer die willkürlich aufgestellten Regeln brach, wurde ebenso willkürlich hart bestraft, wobei eine heftige Ohrfeige noch die geringste Strafe war. Dennoch hielten die Kinder zum großen Teil zusammen und es entstanden Freundschaften, die die "Tanten" mit subtilen Mitteln zu unterbinden versuchten. Susanne hatte nach der Kur ihren Eltern von den Zuständen erzählt, aber ihr wurde nicht geglaubt, und so hat sie diesen Teil ihres Lebens verdrängt. Durch die Bemerkung ihrer Mutter kommt alles wieder hoch und Susanne erzählt Julia und dann auch den inzwischen angereisten Geschwistern von den Erlebnissen.
Barbara Leciejewski verarbeitet das "System" Kinderverschickung als Roman; so ist es doch leichtere Kost als ein Sachbuch, aber immer noch grausam genug. Geschickt springt sie zwischen 1969 und der Gegenwart 2018/19 hin und her. Das Buch lässt sich flüssig lesen.