Trauma

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heikek Avatar

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Auf dem Cover sitzt ein Mädchen mit angezogenen Beinen im seichten Meerwasser. Es ist eigentlich eine schwarzweiß-Aufnahme, nur der Pulli ist blau coloriert. Der Himmel im Hintergrund ist auch in diesem Blauton und sieht aus wie mit Wasserfarben gemalte Wellen. Das Mädchen lacht und diese Art Bild wird man ähnlich in vielen Photoalben aus der Zeit der späten 60er-Jahre finden. Aber das Photo stellt nur die Szene dar, die die Eltern sich vorgestellt und dem Kind vorgegaukelt haben.
Susanne, genannt Susi, ist nach Auffassung des Amtsarzts zu schmächtig und soll sechs Wochen zur Erholung geschickt werden. Es ist das Jahr 1969 und die Familie fiebert mit  Spannung der bevorstehende Mondlandung entgegen. Vorher geht es aber für Susi an die Nordsee, nach St. Peter-Ording in das Haus Morgentau. Susi versucht gegenüber ihrer Familie tapfer zu sein, aber ihr ist sehr mulmig zumute. Auf der Bahnfahrt lernt sie einen Teil der Kinder kennen, die ebenfalls im Haus Morgentau untergebracht sind. Schon bei der Ankunft erfahren Susi und die anderen Kinder die Regeln und die Zucht und Ordnung, die das Leben in Haus Morgentau bestimmen. Bei Missachtung werden die Kinder hart bestraft und das Leben dort wird immer mehr zur Hölle.
Im Jahr 2018, fast fünfzig Jahre später, erinnert sich Susanne an diese Zeit und beginnt ihrer Tochter und ihren Geschwistern alles zu erzählen. Auslöser ihrer Erinnerungen ist eine Äußerung ihrer dementen Mutter, die im Sterben liegt. Nach ihrer Rückkehr hatte Susi ihren Eltern über die schrecklichen Erlebnisse erzählt, doch ihre Eltern hatten ihr nicht geglaubt. Nun gesteht ihre Mutter, dass ihr alles Leid tut. Für Susanne beginnt mit diesem Erzählen auch endlich die langsame Verarbeitung.
Die Autorin, Barbara Leciejewski, hat neben diesem sehr ernsten Thema der Verschickungskinder noch zwei Dinge zur Sprache gebracht, die für diese Zeit typisch waren. Kindern wurde oft nicht geglaubt und ihre Erzählungen als wilde oder blühende Phantasie abgetan. Und die Eltern hatten ein Obrigskeitsdenken, also Lehrer, Ärzte usw haben recht. Gott sei Dank haben sich die Zeiten inzwischen geändert. Die Autorin hat den Kindern mit diesem Roman eine Stimme gegeben.