Verschickungskinder

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leseratte1310 Avatar

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Nicht nur während der NS-Zeit gab es die Kinderlandverschickung, auch in den Jahren danach bis in die neunziger Jahre wurden Kindern Kuren verordnet, um sie aufzupäppeln. Was als schöner Urlaub angekündigt wurde, entpuppte sich dann aber oft als eine schlimme Zeit. Für viele blieb ein Trauma, das sie bis ins Erwachsenenleben verfolgt, über das aber nicht gesprochen wurde.
Dieser Roman der Autorin Barbara Leciejewski befasst sich mit dem Thema „Verschickungskinder“. Ich habe schon einige Romane der Autorin gelesen und auch dieses Mal konnte sie mich wieder berühren. Erzählt wird die Geschichte auf zwei Zeitebenen: 1969 und 2018.
Die achtjährige Susanne soll sechs Wochen an der Nordsee im Kinderkurheim „Morgentau" verbringen. Sie erlebt wie die anderen Kinder eine furchtbare Zeit. Gewalt, Bestrafungen und Erniedrigungen sind an der Tagessordnung. Der Kontakt zu den Eltern wird zensiert. Dann erlebt Susanne etwas, das ihr noch als Erwachsene Alpträume beschert. Erst als ihre Mutter im Sterben liegt, stellt sich Susanne ihrem Trauma und beginnt sich zu öffnen.
Die „Tanten“ in dem Kurheim verlangen Disziplin und verhalten sich hart und kalt gegenüber den Kindern. Wer nicht mitspielte wurde bald wieder entlassen.
Nicht in allen Kurheimen ging es so zu, leider aber in viel zu vielen. In Susanne und die anderen Kinder, die sich total hilflos und verlassen fühlen, konnte ich mich hineinversetzen. Was ich nur nicht verstehe ist: Haben die Eltern nach der Rückkehr ihrer Kinder nichts bemerkt? Warum wurde den Kindern, wenn sie erzählten, nicht geglaubt? Das Vertrauen zu Erwachsenen, ganz besonders zu den Eltern, wird erschüttert.
Es ist eine düstere, erschreckende Geschichte. Die einzigen Lichtblicke waren die kurzen frohen Momente, welche die Kinder sich selbst verschafften.
Dieser Roman lässt einen nicht so schnell los.