00er Vibes mit starker Message

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Millenials, dieser Roman bringt euch eure Teenie-Jahre zurück! Warum „Am Tag des Weltuntergangs verschlang der Wolf die Sonne“ von Sina Scherzant mein Herz höherschlagen ließ, es mir dann brach und mich am Ende wieder versöhnte:

Protagonistin Katha ist 14, als sie im Jahr 2003 nach der Scheidung ihrer Eltern aus der Kleinstadt nach Dortmund umzieht. Was für mich in diesem Alter eine mittelschwere Katastrophe gewesen wäre (und für ihre 8-jährige Schwester Nadine auch genau das ist), gleicht Katha durch eine Anpassungsfähigkeit aus, auf die sogar ein Chamäleon neidisch wäre: Nur keine Probleme machen, die Zufriedenheit der anderen stets im Blick. So ist es wenig verwunderlich, dass sie sich schnell in der neuen Schule einlebt, Freundinnen findet und zum Liebling der Lehrerin wird. Zu Hause gibt sie alles, um Nadine die bestmögliche Schwester zu sein. Lebenshandwerk, nennt Katha das. Man ahnt es schon: Dieses Handwerk kann auf lange Sicht kein goldenes sein.

Aber bis es so weit kommt bringen Katha und die „Damenbande“ aus Sofie, Kati, Jessi und Anna uns einen Sommer der frühen 00er Jahre zurück. In Neckholdertops und Schnallengürteln geht es durch die City, am Kiosk gibt es eine Tüte Gummischlangen, im Freibad ist natürlich die Bravo am Start und über dem Bett hängen Poster von Bro’Sis und der ersten Staffel Big Brother (bei mir warens zwar die No Angels und Fluch der Karibik, aber der Vibe stimmt 🔥). Und dann gibt es da noch die vielen Nachmittage im Garten vor Sophies Fenster, die schönsten für Katha. Denn dort ist Angelica, Sofies Mutter – und die ist nicht nur cool, witzig und wunderschön, sie hört den Mädchen zu, nimmt ihre Teenagersorgen ernst und hat immer weise Worte parat. Bei Angelica fühlt Katha sich verstanden und glücklich, sie wird zu ihrem Safe Space, Anker und Vorbild. Bis Angelica unheilbar krank wird und die Damenbande vor einem Abgrund steht.

Ohne zu viel verraten zu wollen: Sina Scherzant beschreibt nicht nur die Probleme des Teenagerdaseins, sondern auch die verworrene Gefühlswelt Kathas nach „dem Weltuntergang“ unfassbar plastisch, sodass ich es zwischenzeitlich kaum ausgehalten habe. Der letzte Teil des Buches rückt schließlich vieles gerade und hat mich mit einigen Längen im Mittelteil (dranbleiben lohnt sich) versöhnt. Vielleicht ist Katha zum Schluss hin etwas zu altklug, das Ende etwas zu abrupt, dennoch ist die Message wichtig und geht ins Herz.

Ich bin nicht uneingeschränkt begeistert, hier und da finde ich die Handlung nicht ganz rund (zum Beispiel: Hatte Katha eigentlich keine Freunde in der alten Schule?). Die ersten zwei Drittel ziehen sich etwas, das letzte ging mir etwas zu schnell. Aber das Buch hinterlässt neben der starken Message auch ein paar Fragen in mir, deren Antworten ich noch finden muss. Insgesamt ein echt gutes Debüt, von dem ich mich gerne zurück ins Jahr 2003 habe mitnehmen lassen.