Wortgewandte Coming-of-Age-Geschichte

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hundeliebhaberin Avatar

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Nach der Scheidung ihrer Eltern zieht Katha, 14 Jahre alt, mit ihrer Mutter und der kleinen Schwester Nadine nach Dortmund. Katha ist damit aufgewachsen, unkompliziert zu sein und es allen immer recht zu machen - bloß keine Probleme verursachen. Und falls doch mal ein Problem entsteht oder Nadine zu stark rebelliert, findet Katha schnell eine Lösung. Als sie Angelica, die Mutter ihrer neuen Freundin Sophie, kennenlernt, bekommt sie eine andere Sicht auf die Welt präsentiert. Angelica unterscheidet sich von allen Frauen, die Katha bisher kennengelernt hat. Sie ist energetisch, sagt, was sie denkt und eckt bei den Nachbar*innen an. Katha beginnt durch Gespräche mit Angelica zu hinterfragen, ob es überhaupt in ihrem Sinne ist, ein People Pleaser zu sein und ob das auf Dauer für sie funktionieren kann. Angelica wird für Katha eine wichtige Bezugsperson, Freundin und irgendwo auch Ersatzmutter. Doch als Angelica schwer krank wird, gerät Kathas Welt aus den Fugen und sie muss neuen Halt finden.

Sina Scherzant hat mich mit ihrer Ausdrucksstärke, insbesondere ihren Metaphern beeindruckt. Abgesehen davon, dass ich mich mit der Zeit des Aufwachsens von Katha identifizieren und mich daher gut in sie einfühlen kann, war Katha für mich sowieso sehr nahbar. Das liegt vor allem an Scherzants offenem, unverblümten und pointierten Schreibstil. Jeder Gedanke, jedes Gefühl und jedes Geschehen hat sie gezielt und explizit beschreiben können - ob es sich dabei um Freundschaft, Scheidung, Rebellion, Trauer, Reflexionsvermögen oder patriarchale Strukturen handelt.
Die Figuren sind sehr sauber und tief ausgearbeitet und die Nähe und Intensität zwischen den Begegnungen in dem einen Jahr, das Katha mit Angelica verbringen darf, schwingen in jeder Zeile mit. Sina Scherzant erzählt von einer Begegnung, die ein Leben grundlegend verändern kann und dauerhaften Einfluss auf die Zukunft hat. Ich denke, dass sich - gerade hinsichtlich der vorgeführten patriarchalen und anderweitig gesellschaftlichen Strukturen - viele in Katha wiederfinden können.

"Am Tag des Weltuntergangs verschlang der Wolf die Sonne" ist eine komplexe Erzählung, die mich von der ersten Seite an gecatcht hat. Die mich hat nicken, schmunzeln, wütend werden und weinen lassen - die Grundlage für einen sehr gelungenen und ergreifenden Roman!