Kann man lesen - muss man aber nicht

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leelo Avatar

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“Amazonenbrüste” ist Reyhan Şahins autobiografische Erzählung ihrer Brustkrebserkrankung. Mir war die Autorin bis anhin kein Begriff, weder als Schriftstellerin noch in ihren Rollen als Rapperin oder Wissenschaftlerin. Meine Lesemotivation war das Thema Brustkrebs.

Şahin erzählt von der ersten Verdachtsdiagnose, dem Schock, ihren Erfahrungen mit den Ärzt:innen, ihren Ängsten, der Unterstützung die sie erfahren hat, der Chemo, den Sorgen und ihrem Leidensweg und den Menschen, denen sie auf ihrer Reise begegnet ist. Ein Erfahrungsbericht Diagnose Brustkrebs eben, der zur Sichtbarkeit der Thematik in der Öffentlichkeit beiträgt. Bemerkenswert fand ich, wie offen Şahin offenbar mit ihrer Diagnose umging, wie weit sie die Information gestreut hat. Ein solcher Umgang und die Beispiele der positiven und unterstützenden Reaktionen mögen für Betroffene ermutigend sein und Vorbildcharakter haben.

Für mich als nicht betroffene Person war die Lektüre zwar informativ aber auch etwas oberflächlich. Nach dem Klappentext hatte ich etwas tiefere Auseinandersetzungen mit dem medizinischen System, vielleicht mit gesellschaftlichen Strukturen erwartet. Es gibt zwar immer wieder kleine Erörterungen und Exkurse - diese stehen aber nur lose im Zusammenhang mit der Krankheitsgeschichte und fokussieren eher auf den persönlichen und beruflichen Hintergrund der Autorin. Interessant, aber eben nicht das, was ich zu lesen gehofft habe. Gewürzt wird der Text immer wieder mit persönlichen und direkte Kursivgedanken - Englische Ausrufe und Flüche, türkische Wendungen, Hiphopslang und Unmengen von Ausrufe- und Fragezeichen. Das macht den Text zwar authentisch, aber auch anstrengend zu lesen.

Insgesamt war “Amazonenbrüste” ein kurzweiliger Ausflug in eine mir unbekannte Erfahrungswelt. Ich hoffe, dass Betroffene - von Brustkrebs und/oder Diskriminierung aufgrund ihrer Migrationsgeschichte - und Fans von Şahin daraus Kraft und Mut schöpfen können. Für mich wars leider nicht gehaltvoll genug, um mich zu inspirieren oder zu begeistern.

Ich bedanke mich bei Vorablesen und dem Tropen Verlag für das Rezensionsexemplar. Meine Meinung bleibt natürlich und wie immer trotzdem meine eigene.