Bedrückend

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kleine hexe Avatar

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…Wie weit US-Behörden und Potentaten gehen würden, nur um ihre Ziele durchzudrücken. Seit den Fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts sind immer wieder brutale Fälle der Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Länder oder direkte Invasionsversuche bekannt geworden. Manchmal war das Unterfangen zum Scheitern verurteilt, siehe die Schweinebucht in Cuba, aber leider waren die US-Bestrebungen auch oft von Erfolg gekrönt: Der subversive Eingriff in Chile um den rechtmäßig gewählten Präsidenten Salvador Allende zu stürzen und General Pinochet an die Spitze zu bringen hat anschließend in Chile eine nie dagewesene Diktatur ausgelöst. Oder das Debakel um General Manuel Noriega in Panama. Zuerst baute ihn die CIA auf, verhalf ihm zur Macht nur um dann Jahre später festzustellen, dass über Panama unter Noriega die größten und häufigsten Drogenimporte in die USA getätigt wurden. Sowas nenne ich Eigentor. Oder sprechen wir von der Rolle die US-Außenminister Henry Kissinger in der Etablierung der Macht und den Menschenrechtsverletzungen der Junta in Argentinien gespielt hat.
Aber diese Einmischungen, Destabilisierungen und im Geheimen unterstützten Putsche geschahen nicht nur in Süd- und Mittelamerika. Jedes Mal, wenn in Afrika ein Bürgerkrieg ausbrach, ein Präsident seines Amtes enthoben wurde, ein Regierungswechsel anstand, hatte die eine oder andere US-Behörde seine schmutzige Hand im Spiel. So auch im ehemaligen Obervolta, das heutige Burkina Faso.
Wilkinsons Roman dreht sich um den Putsch gegen Thomas Sankara, dem amtierenden Präsidenten von Burkina Faso. Gleich nach seiner Machtergreifung hat er ein beispielloses, in Afrika noch nie dagewesenes Programm initiiert, um den allgemeinen Lebensstandard des Landes zu heben. Seine Politik richtete sich gegen den Hunger und die Korruption. So wurden die Luxuslimousinen der Regierungsmitglieder verkauft und der Renault 5 zum offiziellen Staatsfahrzeug erklärt. Impfungen gegen Polio, Meningitis und Masern wurden durchgeführt, Analphabetismus bekämpft und, vor allem, die Rolle der Frau gestärkt. Die pharaonische Beschneidung der Frau wurde verboten, in seiner Regierung waren so viele Frauen vertreten, wie in keinem anderen afrikanischen Land, sogar ein Teil der Nationalgarde bestand aus Frauen. Polygamie wurde nun offiziell verurteilt, Verhütung propagiert.
Sankara bekämpfte durch Wiederaufforstung die fortschreitende Desertifikation seines Landes als Teil des Projektes „Afrikas Grüne Mauer im AHWL Thomas Sankara weigerte sich, die ausländischen Staatsschulden seines Landes an die reichen Länder des Westens zurück zu zahlen. Spätestens jetzt kam die CIA auf den Plan. Seine Maßnahmen und Projekte ließen ihn zu sehr zur Lichtgestalt werden, also wurden heimlich Hetzkampagnen und andere Maßnahmen ergriffen, um Thomas Sankara in ein schlechtes Licht zu setzen, ihn zu diskreditieren. Unter anderem sollte eine junge afroamerikanische Frau auf ihn angesetzt werden, in einer geheimen Liebesbeziehung, die mittels Fotos publik gemacht werden und anschließend seine Ermordung legitimieren sollte. Doch im Buch versucht die Spionin die Seiten zu wechseln, Sankara zu warnen. Aber es ist zu spät. Sie kann den Lauf der Geschichte nicht mehr aufhalten, auch wenn ihre Beziehung zum Präsidenten nicht mehr publik wird. Thomas Sankara wird ermordet, Blaise Compaore sein Freund und Weggefährte wird zu Verräter an Sankara und der gemeinsamen Sache und folgt ihm im Amt. Im Roman wird nun nicht mehr die Geschichte von Burkina Faso verfolgt, sondern der Werdegang der jungen Frau. Als eines Nachts ein Anschlag in ihrem Haus auf sie ausgeübt wird, den sie jedoch vereiteln kann, flieht sie mit ihren beiden Söhnen, Zwillinge aus der kurzzeitigen Verbindung mit Thomas Sankara, nach Martinique zu ihrer Mutter. Sie weiß genau, wer hinter dem Anschlag steckt, auch wenn sie der Polizei gegenüber vorgibt nicht zu wissen.
Für die junge Frau ist klar, solange der Drahtzieher, der hinter dem Anschlag steckt, noch lebt, werden sie und vor allem ihre Söhne nie in Sicherheit leben können. Der Roman hat ein offenes Ende. Sie bricht auf nach Afrika, um alte Rechnungen zu begleichen. Ob sie lebend zurückkehren wird, ist ungewiss, aber das ist sie ihren Söhnen schuldig.
Einfacher Stil, teilweise schon fast an einen Bericht erinnernd, werden die Ereignisse von Oktober 1987 geschildert, ihr Werdegang beim FBI und der CIA, ihr Entschluss für die Sicherheit ihrer Kinder zu kämpfen. Die Sprache gewinnt an Eindringlichkeit und Spannung während ihrer Flucht aus Burkina Faso, die sehr dramatisch verläuft.
Lauren Wilkinson bringt hier ein dunkles Kapitel US-amerikanischer und afrikanischer Geschichte zur Sprache, zeigt unschöne Verwicklungen auf aber auch die Schwierigkeiten die afroamerikanische Frauen noch in den Achtziger Jahren in den USA hatten, beruflich voran zu kommen.
Schönes Buch, ich bin froh es gelesen zu haben.