naja..

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maria4000 Avatar

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ich hatte mir ehrlich gesagt mehr erhofft und mich auf einen tatsächlichen thriller gefreut; hier handelt es sich eher um eine vorhersehbare story mit teilweise erstaunlich faden protagonist*innen. indem die geschichte aus verschiedenen zeitebenen heraus quasi retrospektiv von der protagonistin selbst erzählt wird, entwickelt sich nie wirklich spannung auf der handlungsebene: der überfall durch einen auftragskiller der cia wird ebenso unspannend beschrieben, wie die konkreten umstände des auftrags der agentin bezüglich des kommunistischen präsidenten burkina fasos. die personenbeschreibungen sind von einer naiven gradlinigkeit und weder marie, noch ihre schwester helene, ihre kinder oder thomas konnten als figuren echtes interesse oder anteilnahme entwickeln.

ich weiß nicht, ob in der übersetzung ein bisschen sprachliche individualität verloren gegangen ist, aber leider liest sich das buch stellenweise ziemlich lieblos zusammengeschrieben. einige passagen bauen zwar gut geschwindigkeit und schärfe aus, insbesondere, wenn es um die machenschaften staatlicher und halbstaatlicher organisationen geht, die politisch hochbrisant sind und ziemlich kriminell. aber mir fehlte beim lesen die individualität der autorin, eigenheiten ihrer sprache. teilweise konnte die geschichte - obwohl als fast sentimentaler brief an die eigenen kinder konzipiert - gar keine emotionen erzeugen.
positiv sind mit die politischen kontexte in erinnerung geblieben, vor allem die problematisierung einer sehr aktuellen frage oder thematik: wie können schwarze amerikaner*innen, als unterdrückte minderheit, patrioten sein und ihrem land dienen wollen? in welchem maß wird eine assimilierung gefordert, eine anpassung an werte und rechtliche grundlagen, die zugleich rassistisch und frauenfeindlich sind? wie kann eine junge schwarze amerikanerin für die cia arbeiten, sich dabei menschlich treu bleiben, ohne die eigene geschichte oder gegenwärtige situation der eigenen community zu leugnen?

insgesamt hat mich besonders die genre-einordnung "thriller" sehr enttäuscht. natürlich sind thriller auf dem deutschen buchmarkt viel weniger vertreten und auch gefragt als beispielsweise in den usa. aber wenn ich an "gone girl" denke, wo ja tatsächlich der thrill dafür gesorgt hat, dass man das buch innerhalb einer nacht durchlesen musste, kann ich hier nur müde eine augenbraue heben und sagen: leider überhaupt nicht spannend, nur interessant weil wichtige perspektiven auf gesellschaftspolitische phänomene gegeben werden.