Herz des Schnabeltierlands

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sago Avatar

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Bei „Amys Geheimnis“ handelt es sich um einen jener Romane, der die Schicksale zweier Frauen aus unterschiedlichen Epochen miteinander verquickt. Das scheint derzeit den Publikumsgeschmack zu treffen. Ich muss sagen, dass ich von diesem Konzept nicht rückhaltlos begeistert bin. Bei einem durchschnittlich langen Roman wie „Amys Geheimnis“ bleibt dann wenig Zeit für beide Geschichten und sie bewegen sich zwangsläufig etwas an der Oberfläche. Auch kann ich in so einem Fall dann nicht so mit den Protagonisten mitfiebern, sie kommen mir nicht wirklich nahe.
Es handelt sich um den ersten Roman der Autorin, die bisher Sachbücher veröffentlicht hat. Sie kann durchaus erzählen, auch atmet der Roman, der in New South Wales Ende des 19. Jahrhunderts sowie in der Gegenwart spielt, herrliches australisches Flair. Da tummeln sich Schnabeltiere in Bächen und die Jahreszeiten sind für uns Mitteleuropäer zwangsläufig auf den Kopf gestellt. Auch fand ich vor allem die in der Vergangenheit angesiedelte Geschichte der Pfarrerstochter Amy, die gegen den Willen ihrer Eltern einen jungen Chinesen heiratet, durchaus erzählenswert. Die Konflikte der Australier, die ja letztlich selbst Einwanderer sind, mit chinesischen Einwanderern waren zumindest mir komplett neu und daher auch spannend. Die Parallelgeschichte der verwitweten Angie, die das ehemalige Pfarrhaus mietet, in dem Amy gelebt hat, war zwar auch interessant, hat mich aber nicht direkt in den Bann gezogen. Zwar kann ich mich als Frau Mitte 40 gut mit einer Anfang 50Jährigen identifizieren, die zarte aufkeimende Romanze mit einem sympathischen über 60Jährigen trifft dann aber doch nicht ganz mein Semester. Von daher: eine nette Urlaubslektüre und für Australienfans oder Frauen, die diesen Aufbau einer Geschichte über verschiedene Zeitebenen mögen. Das Buchcover in zarten Pastelltönen hat mir sehr gut gefallen, ich rätsele aber noch immer über den geöffneten Vogelkäfig und den entflogenen Vogel. Angie beginnt zunächst eine Affäre mit dem gutaussehenden „Mr. Songbird“, einem Amerikaner, der für ein Unternehmen namens Songbird arbeitet. Da dieser verheiratet und auch nicht wirklich sympathisch ist, bleibt es aber eine oberflächliche Affäre. Ich glaube nicht, dass der Vogel auf dem Buchumschlag eine Anspielung darauf sein soll, denn letztlich ist Mr. Songbird für Angie zu unwichtig. Warum also der Vogel? Ein Schnabeltier hätte viel besser gepasst, denn Schnabeltiere spielen in dem Roman durchaus eine Rolle. Und warum der Titel „Amys Geheimnis“? Ich hätte gedacht, dass sich hier noch irgendein Mysterium aus Amys Lebensgeschichte enthüllt. Stattdessen bekommt Angie zunächst einen Koffer mit Eigentümern von Amy und findet nach und nach deren durchaus zum Teil recht tragische Lebensgeschichte heraus. Den Titel finde ich daher zu geheimnisvoll, Amys Geschichte trifft es eher. Ich bin allerdings froh, dass der Titel nun orthografisch richtig erschienen ist. Zunächst war er zu meinem Schrecken bei Vorablesen als Amy’s Geheimnis abgebildet, deutsche Rechtschreibung wie an einer ausländischen Imbissbude! Die Referenz zum Buch oben lässt auch nach wie vor nur die falsche Schreibweise (das sogenannte Deppenapostroph!) zu. Von daher: nicht mein Fehler!