Eine Familie und ihre Geschichte(n)

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tausendmund Avatar

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Wann beginnt eine Familiengeschichte? Für die Casadios ist das definitiv der Tag, an dem Viollca, eine junge Frau aus einer Gruppe Fahrender, im am Po gelegenen Dörflein Stellata zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf Giacomo trifft, ihn rasch heiratet und eine Familie gründet. Doch dem Anfang dieser Geschichte wohnt auch die durch Karten gelegte Prophezeiung Viollcas inne; eine Prophezeiung, die einmal sowohl schwammig als auch konkret ausgedrückt schließlich über 7 Generationen und 200 Jahre weitererzählt, weitergelebt wird und sich wie ein in Stein gemeißeltes Schicksal über die Familie Casadio zu legen scheint:

„Die Toten haben viel mehr Macht als diejenigen, die auf der Erde zurückbleiben, und weit mehr Einfluss als wir selbst.“ (S. 288)

Den Familienmitgliedern der Casadios haftet durchaus ein Hauch des Besonderen und Kuriosen an: So verfügt Dollaro etwa über die Gabe, mit den Toten sprechen zu können. Neve wiederum wird in einem Schneesturm mitten im Sommer geboren. Und trotzdem durchleben sie doch wie alle Menschen ihrer Zeit die harte Realität aus Armut, Krieg und Naturkatastrophen; jagen ihren individuellen Träumen von einer gerechteren Liebe oder einer gerechteren Welt nach.
Mit deinen erzählten Charakteren bleibst du eher an der Oberfläche, deine Sprache ist nicht außergewöhnlich poetisch oder bildhaft, auch wenn ich den immer wieder eingeflochtenen lombardischen Dialekt sehr genossen habe. Ich war kurz enttäuscht, weil du mir nicht genug Magie gabst (obwohl: kann es jemals genug Magie geben?) ... und dann habe ich mich gefragt: Sieht deine Magie vielleicht nur anders aus? Betonst du doch eine Familiengeschichte in ihrer Gesamtheit und in ihrem Fluss. Und solche Verbindungen und Verstrickungen über Zeit und Raum haben schon echt was Zauberhaftes!