Überraschend und gelungen!

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Betts Dad ist homosexuell. Damit kann Bett prima leben. Ihr zweiter Dad ist vor Jahren gestorben und seither sind die beiden ein eingeschworenes Team. Als sie dann in ein Sommercamp soll, um da den Sommer mit Avery zu verbringen, weil ihr Dad mit deren Dad eine Beziehung hat, plant sie den Aufstand. Gemeinsam mit Avery will sie alles daran setzen, ihr Leben so zu lassen, wie es ist. Darüber werden die Mädchen ungewollt zu Freundinnen. So unterschiedlich die beiden Mädchen sind, so gut verstehen sie sich mit der Zeit. Und dann wird alles wild und bunt und dann ganz dunkel …

Dieses Buch kommt komplett ohne die übliche Erzählart aus. Alles findet über Mails, Briefe und SMS statt. So bekommt der Leser nur den Kern der Sache mit, kein Drumrum – nur das, was die Schreiber der Texte direkt oder zwischen den Zeilen sagen, aber nicht, was sonst noch so in ihnen vorgeht. Das ist intensiver, als ich es je für möglich gehalten hätte und auch wenn es ein Jugendbuch ist, ist es auch für Erwachsene geeignet. Die Sorgen und Nöte der Mädchen werden wunderbar geschildert und ob die Erwachsenen nun homosexuell sind oder nicht, Alleinerziehende vergessen manchmal, wie sich die Kids bei all dem fühlen, wenn sich die Eltern verlieben.

Aber auch und gerade wie das Thema Homosexualität angegangen wird, so lockerflockig nebenbei und nicht als Hauptthema und schon gar nicht irgendwie wertend, ist sehr gelungen. Betts Großmutter erlebt ungeahnte Erfolge, an die sie nie geglaubt hatte. Die Mädchen lernen über sich und das Leben. Es wird gezeigt, wie unterschiedlich Kinder und Erwachsene die Dinge sehen – und erinnern! Wodurch Ängste entstehen können, wie man sie besiegen kann, was unser Leben beeinflussen kann, was Liebe zerstören kann und wie man sie wiederfindet … so viele wichtige Punkte werden auf zauberhafte Weise angesprochen. Es ist ein Buch, das man geradezu inhalieren kann und das enorm bewegt. Ich habe viel gelacht, aber auch ein paar Tränchen vergossen. Ja, ich finde dieses Buch einfach wunderbar!

Zunächst glaubt man, man hat es einfach mit zwei total unterschiedlichen Mädchen zu tun, von der jede von der anderen ein bisschen etwas lernen könnte und die tausende von Kilometer voneinander entfernt aufwachsen. Die eine, um ein bisschen lockerer zu werden, die andere, um ein bisschen disziplinierter zu werden. Dann sieht man ihre Freundschaft wachsen, sieht sie sich eine neue Sichtweise bilden und als hier der Spannungsbogen abzufallen droht, wendet sich das Blatt radikal. Fast hätte man es so erahnen können! Aber den beiden Autorinnen ist das längst nicht genug und sie bauen eine Überraschung ein …

Ja, ich liebe dieses Buch und ich bin begeistert, was Holly Goldberg Sloan und Meg Wolitzer (deren „Was uns bleibt ist jetzt“ ich ebenfalls sehr mochte) für eine zauberhafte Story gelungen ist. Der Stil ist erfrischend, unterhaltsam und äußerst gelungen. Man mag die beiden Mädchen sofort und ist mit ihnen gegen den Campleiter. Auch Gaga und Kristina muss man einfach mögen. Witz und Tiefgründigkeit gehen hier Hand in Hand. Das Buch bereichert ungemein – ich belohne das mit fünf Sternen!