Ich bin unentschieden

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streiflicht Avatar

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Ich bin mir nach der Lektüre dieses Buches immer noch nicht sicher, ob es mir gefällt oder nicht. Ich bin irgendwie unentschieden und auch irritiert. Gut gefallen hat mir, dass das Buch sehr flüssig geschrieben ist und wenn man erstmal damit angefangen hat, dann will man auch weiterlesen. Ebenfalls gut gefallen hat mir die Tatsache, dass das Buch sehr spannend ist, ohne dass Mord und Totschlag oder brutale Szene darin vorkommen. Auch die Sexszenen werden eher kurz abgehandelt - es ist also keine Effekthascherei. Wobei ich mich gegen Ende des Buches gefragt habe, warum Rose nun auch noch Sex mit Nachbar Simon haben muss. Das war für den Verlauf der Geschichte nicht nötig... Komisch ist auch, dass Alkohol, Drogen und Tabletten scheinbar völlig normal sind. Am schlimmsten fand ich die Tatsache, dass Rose, die Flossie noch stillt, oft trinkt. Leider hat mich auch der Schluss des Buches nicht so ganz überzeugt.

Insgesamt hat mir der Roman bzw. Thriller gut gefallen, auch wenn manche Sachen ein bisschen seltsam oder nervig waren. Rose scheint stellenweise etwas naiv und man denkt, dass sie so sehr an Polly hängt. Dann aber hat man das Gefühl, dass Rose einfach nur ihre Vergangenheit verstecken will. Und Polly nutzt das aus. Polly und auch Gareth waren mir von Anfang an nicht besonders sympathisch. dieser Eindruck verstärkte sich im Laufe der Geschichte.

Schon von Anfang an hatte ich das Gefühl, dass die ganze Familie auf eine Katastrophe zuläuft. Rose merkt das auch, aber sie schafft es nicht, die Notbremse zu ziehen. Im Gegenteil: Sie verschlimmert den gesamten Konflikt noch. Polly hat sich ihren Mann gekrallt und will nun ihr Leben zerstören. Als aber Gareth durch einen Angriff von Rose ums Leben kommt, stellt Polly sich wieder auf Rose Seite. Vermutlich aber auch aus Angst um ihr eigenes Leben.

Ich fand die Geschichte sehr beklemmend, vor allem, weil vier Kinder mitten im Strudel der Gefühle und Taten der Erwachsenen stehen. Außerdem ist der Thriller so geschrieben, dass es einen mitreißt und man selbst gedanklich in der Geschichte gefangen ist. Vermutlich hat niemand eine Freundin wie Polly, aber man fragt sich schon, ob es sowas tatsächlich geben kann. Über weite Strecken des Buches ist Rose das Opfer, dessen vermeintlich perfektes Leben zerstört wird. Gegen Ende hin aber wehrt sie sich und dadurch eskaliert die Situation. Die fragile Gemeinschaft des Ehepaars, von Polly und den vier Kindern zerbricht. Der Ehemann stirbt sogar. Und man fragt sich, ob am Ende nicht alle froh sind, dass es so gekommen ist. Irgendwie bleibt ein seltsamer Nachgeschmack von diesem Buch, auch wenn ich es sehr spannend und gut geschrieben fand.

Das Ende des Buches wirft neue Fragen auf. Rose lebt nun mit dem Stiefbruder ihres verstorbenen Mannes zusammen und scheint wieder glücklich. Auch den beiden Mädchen geht es gut. Dann aber kommt ein Brief von Polly, in dem sie ihren Besuch ankündigt. Ist das erneut das Ende von Rose Glück? Man fragt sich als Leser, ob Rose wieder so naiv, gutgläubig und unbeherrscht ist wie zuvor und ob das Glück der "neuen Familie" erneut zerbricht. Ein etwas unbefriedigendes Ende. Aber vermutlich perfekt, wenn man irgendwann eine Fortsetzung schreiben möchte. Bin immer noch unentschieden... und frage mich nach wie vor, ob Polly mit Absicht das Leben anderer zerstört (sie schläft mit verschiedenen Männern, kümmert sich nicht um ihre Söhne, hat vielleicht den Wagen ihres Mannes manipuliert, hat vielleicht Flossie die Pillen absichtlich gegeben) oder ob sie einfach ein zerstörerischer Mensch ist. Schließlich zerstört sie ja auch sich selbst...