Märchenhaft und tiefgründig

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drachenzahn Avatar

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Die Geschichte um das Mädchen Anis vereint kunstvoll Motive aus Volksmärchen verschiedenster Kulturen. Figuren wie die geheimnisvolle Hexe erinnern an Baba Yaga, während andere Wesen beinahe einem Ghibli-Film entsprungen scheinen. Besonders „Prinzessin Mononoke“ kam mit beim Lesen in den Sinn. Trotz dieser vertrauten Elemente entsteht eine ganz eigene, faszinierende Erzählung, die vor allem die Gegensätze von Tradition und technischem Fortschritt ins Zentrum rückt.

Anis lebt seit ihrer Kindheit in einem Flickwerkhaus im sagenumwobenen Weißwald. Als sogenannte Herzseherin kann sie Dinge wahrnehmen, die anderen verborgen bleiben, darunter auch Naturgeister wie ihren treuen Begleiter, den Geisterhund Wolf. Doch als ihr Vormund ihr droht, alles zu nehmen, was ihr am Herzen liegt, macht sie sich auf den Weg in die Hauptstadt. Dort hofft sie, ihren Bruder zu finden und den König um Hilfe zu bitten. Auf ihrer Reise begegnet sie nicht nur wundersamen Kreaturen, sondern wird auch von einem düsteren Tintenwesen und dem habgierigen Herrn Biedermann verfolgt.

Dieses Buch ist ein echtes Kleinod. Es entführt die Lesenden in eine zauberhafte Welt voller Magie und Poesie, in der man schnell versinkt. Besonders die Darstellung der Naturwesen ist vielschichtig, oft anrührend und immer mit großer Fantasie gestaltet. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob ein Leben im Einklang mit der Natur auch in einer sich wandelnden, technisierten Welt möglich ist. Die Autorin erzählt mit viel Herz, Wärme und einer tiefen Verbundenheit zur Natur.

Ich empfehle dieses Buch allen, die fantasievolle Geschichten mit Tiefe lieben und gerne in andere Welten abtauchen. Es vereint Folklore mit aktuellen Themen wie Nachhaltigkeit und das Verhältnis zwischen Mensch und Natur auf kluge und gefühlvolle Weise. Es ist ein stilles, aber kraftvolles Märchen für Jung und Alt, das zum Träumen, Nachdenken und Staunen einlädt.