Ein wundervolles Buch

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„Annas Lied“ von Benjamin Koppel ist ein wunderschöner Roman, den der Umstand auszeichnet, dass er eine vom Thema her eher traurige Geschichte mit einer wundervollen Leichtigkeit erzählt. Hannah, ist das jüngste von vier Geschwistern und die einzige Tochter der jüdischen Familie Koppelmann. Das ostjüdische Ehepaar Bruche und Yitzhak strandete einst bei der eigentlich nach Amerika geplanten Ausreise in Kopenhagen, wo Yitzhak jetzt eine Schneiderwerkstatt besitzt und Bruche ein strenges Regiment in der Familie führt. Alle Kinder der Koppelmanns sind Musiker und auch Hannah träumt von einer Karriere als Pianistin. Doch ihre Mutter hat für sie ganz andere Pläne. Nachdem schon Hannahs Brüder Schande über die Familie gebracht und nichtjüdische Frauen geheiratet haben, soll Hannah nun mit einem gut situierten jüdischen Ehemann aus Paris vermählt werde. Obwohl Hannah die Aufnahmeprüfung für die Musikhochschule besteht und sich in den Dänen Aksel verliebt, bringt sie es nicht übers Herz, sich gegen ihre Mutter aufzulehnen. Es wird fast ihr ganzes Leben lang dauern, bis es Hannah gelingt, ein Leben zu leben, wie sie es sich erträumt hat.
Es ist wirklich kein leichtes Leben, auf das Hannah Koppelmann im Alter zurückschaut. Eigentlich hat sie vieles verloren, was sie liebte: eine erfolgreiche Karriere als Pianistin blieb ihr verwehrt, die Liebe ihres Lebens durfte sie nicht heiraten und auch zwei ihrer Kinder musste sie ziehen lassen. Trotzdem ist der Roman über diese beeindruckende Frau kein bedrückendes Leseerlebnis. An vielen Stellen kann man schmunzeln, z.B. dort, wo die chaotische Familie bei traditionellen Feiern völlig außer Rand und Band gerät und eine herrliche Lebensfreude versprüht. Man erlebt eine von der klassischen Musik beseelte Hannah, wenn sie Klavier spielt, oder gemeinsam mit den Brüdern musiziert. Das hat eine solche Herzenswärme, die berührt. Man leidet natürlich auch mit Hannah, die ihre große Liebe ziehen lassen muss und ihr Leben dafür mit dem aufgezwungenen Ehemann verbringen muss, der sie quält und nicht wertschätzt. Aber auch dieses Leben meistert diese beeindruckende Frau mit einer überragenden Tapferkeit. Dass Hannah im hohen Alter endlich noch so leben kann, wie sie sich dies als junges Mädchen erträumt hat, tröstet ungemein und macht den Roman zu einem runden Leseerlebnis. Danke Benjamin Koppel für dieses wundervolle Buch.