Mit Renate Bergmann macht sogar Campen Spaß

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elke seifried Avatar

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Mit Renate Bergmann macht sogar Campen Spaß

„Ich schlaf doch nicht mit einer Matte aus Stanniolpapier unterm Po auf dem schieren Waldboden! Ich bitte Sie, in unserem Alter!“. Ich bin noch längst keine 82 wie Renate Bergmann, Camping war einfach noch nie mein Ding. Aber wenn sich die Online-Omi, über die ich mich immer so prächtig amüsieren kann, zu Campingbus mit richtigem Bett und Toilette breitschlagen lässt, dann gehe ich doch da liebend gerne mit. Was soll ich sagen drei Wochen Spaß und fast so eine Show „wie im Ohnsorg-Theater“

Die Urlaubszeit steht an und da auch für Renate Bergmann gilt, „Wenn man zu Hause bleibt, hat man sein Tun und kommt kaum zur Ruhe. Da müssen die verblichenen Gatten begossen werden, Katerle will versorgt sein, dazu die Einkäufe, der Haushalt, die Kehrwoche, der Seniorenverein… Dann ruft meine Freundin Gertrud an, weil was mit dem Hund ist, oder Ilse, weil Kurt weggelaufen ist– manchmal auch umgekehrt!– nee, ich sage Ihnen, man hat jeden Tag was auf dem Kalender.“ und auch Ilse und Kurt schon ein paar Tage auf dem Buckel haben, muss man die Zeit nutzen, „Wenn man nicht mehr allein in den Reisebus kommt und sie von hinten nachschieben müssen am Hintern– nee, dann will ich auch nicht mehr los. Deshalb dränge ich darauf, dass wir jetzt reisen, wo wir es noch können.“. Eigentlich von einem gediegenen Hotel, Kurpark und vielleicht sogar einer Schlammpackung geträumt, ist die Enttäuschung zunächst groß, als sich herausstellt, „Aber für Gläsers bedeutete »Urlaub« automatisch: Wir fahren an den See, schlafen im Zelt und essen Nudeln aus der Dose.“. Doch man kann sich einigen und drum geht es schon wenig später im Campingbus in die Sommerfrische.

Wie immer bekommt man von Renate Bergmann von ihren Erlebnissen, aufgepeppt mit einigen anderen Anekdoten und Kommentaren erzählt. So findet man als Leser einiges zum Tageablauf, beginnend mit „Hihi, ich sage Ihnen, ich kam mir vor wie so ein lotteriges jungsches Ding, ich lag des Morgens im Bett und las schon die Zeitung. Na, aber immerhin war Urlaub, und da darf auch eine Renate Bergmann mal alle fünfe gerade sein lassen.“, über Frühstücksgewohnheiten oder Reinemachregeln bis hin zu Gewohnheiten zur Nachtruhe, „Wir teilten nun schon den Schlafraum und den Pullereimer– die Zähne zu denen von Ilse und Kurt ins Glas zu legen, wäre mir doch zu intim gewesen. Ganz klar werden auch Blicke auf die anderen Camper geworfen, „„Die meiste Zeit lag sie wie eine Presswurst in der Hängematte und las. Keine richtigen Bücher, sondern so Hefte mit Krankenschwestern und Förstern vorne drauf.“, der eine oder andere Ausflug gemacht und auch Besuch gibt´s. Für erhöhten Blutdruck sorgt zudem Ilse, da wird aber nicht mehr verraten.

„Davon muss ich Ihnen kurz berichten. Sie haben doch einen Moment?“. Sicher sind die Erlebnisse beim Campen allesamt spaßig und vor allem auch witzig präsentiert, aber mehr noch liebe ich eigentlich ihre Ausschweifungen, die ihr beim Erzählen der Erlebnisse in ihren Urlaubsbericht dazwischen kommen. Da wird schon mal über die Post gelästert. „Für Renate klingelt kein Postbote! Da haben Se dann einen Schriebs im Briefkasten, dass Se nicht zu Hause waren, und dürfen aufs Hauptpostamt marschieren, um den halben Tag in der Schlange zu warten. Wenn Se aber Rebecca-Lauren Bergmann schreiben, na, ich sage Ihnen, da läutet der Zusteller aber Sturm und grinst einen erwartungsfroh an.“, über neue und alte Ernährungstrends hergezogen, „Das von vor drei Jahren schmeckt man ganz genau raus, da hatte Ilse nämlich ihre Schubeck-Phase und hat überall frischen Ingwer reingerieben. Wenn ich so ein Glas erwische, schmeiße ich das auch weg.“, ein Kommentar zu Themen die ihr gerade durch den Kopf gehen abgegeben wie zu FKK, „Und jetzt im Alter gibt es nun wahrlich keinen Grund, nackig ins Wasser zu steigen und die Fische zu erschrecken!“, oder sich über Betrügereien wie „.., dass nur neunzig Gramm drin sind statt wie bisher immer hundert Gramm. »Diese Halunken, die lassen den Preis, damit wir nichts merken, und machen einfach….“. Auch „Schraubermutti, wissen Se. Hubschrauber. Helikopter“ -eltern, oder auch die liebe Mühe mit den „ englischen Worten, die unsere schöne Sprache verhunzen. Jawoll, ich tippe auch manchmal »wissen Se« statt »wissen Sie«, aber sind wir doch mal ehrlich– da plappert eine Oma, wie ihr der Schnabel gewachsen ist, und Sie verstehen trotzdem, was ich meine, oder etwa nicht? Aber wem ist denn der Schnabel schon so gewachsen, dass er von alleine »I-Beik« sagt?“, kommen aufs Tapet.

Der witzig, spritzige Schreibstil bereitet einfach unheimlich viel Vergnügen beim Lesen. Ich bin mit einem Dauergrinsen, das nur gelegentlich durch lautes Lachen unterbrochen wurde, durch die Seiten geflogen. Stets schmunzeln haben mich nicht nur eine Fülle an witzigen Szenen, sondern auch die herrlichen Vergleiche und Beschreibungen wie, „Er hatte gar keine richtige Frisur. Irgendwie schienen die Haare gekürzt worden zu sein, jawoll, aber das war kein Schnitt, das war bestenfalls eine Maßnahme gegen Verlausung!“, „Radfahrerhosen in leuchtendem Mintgrün wie viele andere ältere Herren, wo Se den direkten Blick auf die Familienjuwelen hatten. Himmel! Ich möchte da gar nicht näher drauf eingehen.“, oder „ein kleines, kläffendes Hundchen. So groß wie ein überfüttertes Karnickel, aber es bellt wie wild. Es lärmt und springt im Kreis. Da, wo die Zunge raushechelt, ist vorne.“.

Alles in allem ist auch Campen mit Renate Bergmann wieder ein äußerst kurzweilig, amüsantes Vergnügen. Die Online Omi bekommt mit ihren Geranien bekommt von mir gerne einen fünf Sterne-Orden.