Erfrischend!

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"Anti-Girlboss" von Nadia Shehadeh hält ziemlich was sowohl Cover als auch Klappentext versprechen: eine Auseinandersetzung mit unserer "Girlboss-Hustle-Culture". Was einst groß im Trend war - nämlich die Powerfrau schlechthin zu sein, die sowohl Familie und Beziehung, unter einen Hut bringt, nebenbei immer gut gestylt und durch zahlreiche Hobbies ausgeglichen und selbstverständlich eine steile Karriere hinlegt, dem Namen entsprechend nicht nur ihr eigener Boss ist, sondern auch in der Arbeitswelt ganz oben an der Spitze steht - wird in diesem Buch kritisch beleuchtet. Und das alles auf eine humorvolle, ehrliche und erfrischende Art und Weise.
Die Autorin erzählt dabei viel aus ihrem Leben, schildert ihren Werdegang und wieso sie darauf gekommen ist, dass das Girlboss-Phänomen durchaus seine toxischen Seiten hat.
Durch den lustigen, modernen Schreibstil (Warnung für diejenigen, die das weniger mögen: enthält einige Anglizismen!) lässt sich das Buch locker und flott lesen.

Einen Stern habe ich aus folgenden Gründen abgezogen:
1) An so manchen Stellen wiederholt sich die Autorin und manchmal hatte ich das Gefühl, hier wurde im Lektorat etwas übersehen (zB. auf einer Seite genau die gleichen Aussagen, Wort für Wort). Dies hat meinen Lesefluss aber wenig gestört und ich fand das Buch trotzdem sehr kurzweilig und knackig geschrieben.
2) Hier mein eigentlich einziger wirklicher Kritikpunkt (und eine Art "Spoilerwarnung"): Ich hätte mir gewünscht, das Buch kommt ohne die Argumentation aus, dass die Autorin früher in ihrem Leben bereits so viel geleistet hat und sich das Anti-Girlboss-Dasein daher mehr oder weniger nun verdient hat. Dies nährt das Grundnarrativ der Girlbosskultur, welches die Autorin eigentlich widerlegen will. Mir ist bewusst, dass es nun mal um das Leben von Nadia Shehadeh geht, welches sich schlecht umschreiben lässt und sie ja auch durch diesen Kontrast in ihrem Leben erst zu ihren Schlüssen gekommen ist, dass ein Girlbossdasein nichts für sie ist. Dennoch bleibt bei mir dieser kleiner Wermutstropfen übrig - auch durch bestimmte Passagen unterstrichen, welche immer wieder hervorheben, dass die Autorin "ja bereits genug in ihrem Leben geleistet hat".

Insgesamt war es mir jedoch ein großes Lesevergnügen, habe mich durch das Buch sehr verstanden gefühlt und kann den Ansichten der Autorin sehr viel abgewinnen. Ich kann das Buch wirklich wärmstens weiterempfehlen!