Koloniales Erbe, ein Looked-Room-Mystery und Doktor Who
Der Roman „Anti-Christie“ zeigt uns, dass es für die Fragen nach dem Umgang mit der kolonialen Geschichte keine einfachen Lösungen gibt. Mithu Sanyal lässt ihre Figuren auf mehreren Ebenen geradezu darum ringen, Antworten auf die Fragen nach Gewalt, Widerstand aber auch nach Dekonstruktion des kolonialen Erbes zu finden. Wie schon bei ihrem letzten Roman „Identitti“ gelingt es der Autorin dabei, erzählerisch ideenreich und vielfältig mit dem Thema umzugehen.
Dabei traut sie sich was – so wie das Titelbild sich traut, einen indischen Tiger, der Queen Elisabeth II anfällt, darzustellen. Das führt uns direkt zu den Diskussionen in einem Writers-Room, in dem sich ausgerechnet am Tag des Todes der Queen die Protagonistin Durga mit einer Gruppe weiterer Kreativer trifft, um Agatha Christies Poirot neu zu erfinden. Schnell gerät die Teilnehmenden in der Öffentlichkeit in den Verdacht, eine weitere Gewissheit des britischen Selbstverständnisses über die Klippe springen zu lassen. Mit Durga, in Düsseldorf als Tochter eines Inders und der indisch beseelten Deutschen Lila geboren, erleben wir die Diskussionen im und die Demonstrationen vor dem Writers-Room mit. Wir machen mit ihr aber auch einen Sprung in Zeit und Identität. Wir landen im London des Jahres 1906 und ab da erinnert die Handlung zunächst ein wenig an ein anderes britisches Kulturgut: Der TV-Sci-Fi-Dauerbrenner Doktor Who, an den es viele weitere Reminiszenzen gibt, wird zur Blaupause für eine Zeitreise-Geschichte, die aber über die unterhaltsame Spannung einer aberwitzigen Handlung hinausgeht.
Wir befinden uns im historischen ‚India House‘, in dem sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts indische Studenten sammelten, um ihren Widerstand gegen die britische Herrschaft über ihre Heimat zu diskutieren und auch bereits zu koordinieren. Mit einem Abspann und einer Personenübersicht am Ende hilft uns die Autorin, dieses Personal an historischen Figuren richtig einzuordnen. Wir lernen eine weitgehend unbekannte Seite der Geschichte der Befreiungsbewegungen kennen. Unbekannt, weil in unserer europäischen Wahrnehmung wird fast alles überlagert von der Aktivität des einen Mannes, der ebenfalls im ‚India House‘ zu Gast ist: Gandhi. Doch so einfach ist die Geschichte des indischen Subkontinents eben nicht. Nach der Lektüre hat man dazu einen völlig neuen Blick.
„Anti-Christie“ mischt unbedingt notwendige Geschichtslektionen mit den aktuellen Fragen von Umgang mit Spuren kolonialistischen Denkens in Kultur und Gesellschaft sowie einer Handlung, die sich munter Elementen von Zeitreise- sowie Kriminalroman bedient, sodass es nie langweilig wird. Auch hier gelingt es Mithu Sanyal wieder, sich mit Identität – hier auch sehr stark mit ihren eigenen - auseinanderzusetzen und uns Lesenden zu zeigen, dass dieser Diskurs nicht mit starren Denkmustern geführt werden muss.
Dabei traut sie sich was – so wie das Titelbild sich traut, einen indischen Tiger, der Queen Elisabeth II anfällt, darzustellen. Das führt uns direkt zu den Diskussionen in einem Writers-Room, in dem sich ausgerechnet am Tag des Todes der Queen die Protagonistin Durga mit einer Gruppe weiterer Kreativer trifft, um Agatha Christies Poirot neu zu erfinden. Schnell gerät die Teilnehmenden in der Öffentlichkeit in den Verdacht, eine weitere Gewissheit des britischen Selbstverständnisses über die Klippe springen zu lassen. Mit Durga, in Düsseldorf als Tochter eines Inders und der indisch beseelten Deutschen Lila geboren, erleben wir die Diskussionen im und die Demonstrationen vor dem Writers-Room mit. Wir machen mit ihr aber auch einen Sprung in Zeit und Identität. Wir landen im London des Jahres 1906 und ab da erinnert die Handlung zunächst ein wenig an ein anderes britisches Kulturgut: Der TV-Sci-Fi-Dauerbrenner Doktor Who, an den es viele weitere Reminiszenzen gibt, wird zur Blaupause für eine Zeitreise-Geschichte, die aber über die unterhaltsame Spannung einer aberwitzigen Handlung hinausgeht.
Wir befinden uns im historischen ‚India House‘, in dem sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts indische Studenten sammelten, um ihren Widerstand gegen die britische Herrschaft über ihre Heimat zu diskutieren und auch bereits zu koordinieren. Mit einem Abspann und einer Personenübersicht am Ende hilft uns die Autorin, dieses Personal an historischen Figuren richtig einzuordnen. Wir lernen eine weitgehend unbekannte Seite der Geschichte der Befreiungsbewegungen kennen. Unbekannt, weil in unserer europäischen Wahrnehmung wird fast alles überlagert von der Aktivität des einen Mannes, der ebenfalls im ‚India House‘ zu Gast ist: Gandhi. Doch so einfach ist die Geschichte des indischen Subkontinents eben nicht. Nach der Lektüre hat man dazu einen völlig neuen Blick.
„Anti-Christie“ mischt unbedingt notwendige Geschichtslektionen mit den aktuellen Fragen von Umgang mit Spuren kolonialistischen Denkens in Kultur und Gesellschaft sowie einer Handlung, die sich munter Elementen von Zeitreise- sowie Kriminalroman bedient, sodass es nie langweilig wird. Auch hier gelingt es Mithu Sanyal wieder, sich mit Identität – hier auch sehr stark mit ihren eigenen - auseinanderzusetzen und uns Lesenden zu zeigen, dass dieser Diskurs nicht mit starren Denkmustern geführt werden muss.