Unvollkommenheit im Himmel?

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Der Anfang der Leseprobe hat mir nicht gefallen... ein Mensch, der Selbstmord begehen möchte, wird ausgerechnet von einem Engel gerettet. Nur weil ihre Zeit noch nicht gekommen ist? In der harten Realität unvorstellbar für mich.

Auch die Ärztin Esther sagt mir (noch?) nicht zu. Offenbar hat ein schweres Unglück ihr Leben erschüttert. Anders würde ich sonst das Zimmer, welches sie immer neu streicht und doch für sie kaum aushaltbar ist, nicht verstehen. Je nach Schweregrad des Unglücks kann ich  mir daher ihr Handeln im Spital gegenüber Judith, der Selbstmörderin, sehr wohl erklären. Was mich bis dahin allerdings gestört hat, war die Wiederholung des Autors, dass ein Rad stehen bleibt, ein zweites deshalb gestartet wird und alles zusammenhängt, niemand seinem Schicksal entgehen kann. Als ich das das erste Mal gelesen habe, hat es gepaßt und es war so einprägsam, dass jede weitere Wiederholung für mich nicht notwendig erscheint. Und doch mußte ich es noch zwei weitere Male lesen. Das erweckt in mir das Gefühl, dass der Autor einen "dummen" Leser vor sich hätte, dem er ständig etwas wiederholen muß, damit es tief in ihm verankert wird.
Genons Verhalten wiederum, ist mir nicht ganz klar. Zuerst weigert er sich, der Patient beizustehen, dann wandelt sich seine Meinung und er ist offenbar schier fasziniert von ihr. Ob das mit der "Erschütterung" in der Nacht zu tun hat, von der offenbar Esther die Einzige ist, die nicht davon betroffen zu sein scheint?

Dann der Absatz mit den Engeln... und ich war gefesselt. Von je her haben mich diese Wesen gleichermaßen fasziniert wie abgestossen (letzters liegt am christlichen Glauben, dem ich abgeschworen habe). Doch eine Ungeheuerlichkeit macht sich breit - ein verkrüppelter Engel wird geboren. Und ausgerechnet Nathanael ist es, der diese Behinderung aufweist. Auch ist seine Geburt offenbar nicht so verlaufen, wie es üblich ist, denn sein Körper kühlt nicht gänzlich ab, liegt wie im Fieber da und sein Bewußtsein ist in unbekannten Tiefen versunken. Iax ist entsetzt und kann seinen Ekel offenbar nicht überwinden. Was durchaus ein menschliches Attribut ist und für Engel eigentlich untypisch. Doch auch Rafael, den Iax zur Hilfe gerufen hat, scheint ähnliche Charakteren aufzuweisen, wenn er es auch nicht ganz so zeigt. Dieses Bild macht die Engel zu etwas, dass sie nicht mehr über die Menschen erhebt. Einerseits faszinierend, andererseits bin ich mir nicht sicher, ob ich jemals einen Engel so sehen möchte.

Was diese Geschichte also betrifft, bin ich hin- und hergerissen. Möchte ich sie lesen oder lieber doch nicht?