„Denn kein Engel kann ohne Glauben sein...“

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scylla Avatar

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Erdbeben, Stürme, Hitze und Überschwemmungen verwüsten die Erde. Die Zeit der Apokalypse scheint gekommen zu sein. Die Menschen rennen hoffnungslos um ihr Leben. Doch keiner von ihnen weiß, dass ihr Schicksal ganz woanders entschieden wird. Während die Menschen ihrem sicheren Tod entgegensehen, tobt in der Welt der Engel ein erbitterter Kampf. Denn das unglaubliche geschieht: Gott liegt im Sterben und Luzifer ist aus der Verbannung zurückgekehrt, um seine Nachfolge anzutreten und die Welt nach seinen Vorstellungen neu zu ordnen. Die Chancen der Verteidiger der alten Ordnung stehen schlecht, denn sie wissen, dass sie Luzifers Übermacht unterlegen sind. Nur ein besonderer Engel kann sie laut Prophezeiung noch zum Sieg führen, doch als dieser Engel Nathanael dann erscheint, werden auch die letzten Hoffnungen zerstört. Denn weder er selbst noch die Verteidiger glauben, dass Nathanael dieser Aufgabe gewachsen sein wird.

Dies ist der Auftakt zu der grandiosen und mitreißenden Geschichte, die in „Apocalysia“ erzählt wird. Die Idee ist so ungewöhnlich wie genial, denn hinter dem vermeintlichen Fantasy-Roman steckt viel mehr als eine erdachte Geschichte. Der Autor spielt mit religiösen und mythischen Überlieferungen, den Chors der Engel und den Vorstellungen über die Apokalypse und verpackt dieses in eine spannende Geschichte. Ohne allzu sehr ins religiöse oder spirituelle abzugeleiten lässt er den Leser die Welt der Engel zur Zeit ihrer größten Not erfahren. Denn die Engel haben begonnen zu Zweifeln: am Sinn ihres Daseins, ihrer eigenen Unsterblichkeit und sogar an ihrem Glauben zum Vater. Luzifer versucht, diesen Moment zu nutzen und die Engel auf seine Seite zu ziehen, um nach dem Tod des Vaters eine neue Welt ohne den verhassten Menschen zu errichten. Während in der Welt der Engel der Krieg unvermeidlich zu sein scheint, sind seine Auswirkungen in der Welt der Menschen schon jetzt sichtbar: Detailliert schildert der Autor, wie der Weltuntergang, die Apokalypse, vonstatten geht.

Anfangs werden die Ereignisse in der Welt der Engel und der Welt der Menschen noch isoliert voneinander betrachtet, doch im Verlauf der Geschichte wachsen diese Welten immer mehr zusammen und dem Leser wird klar, wie die Ereignisse auf der einen Seite die andere Seite beeinflussen. Die Erkenntnis trifft einen manchmal wie ein Schlag, denn manche Wendungen sind so unvorhersehbar oder von persönlicher Tragik, dass man deren Sinn im ersten Moment nicht verstehen kann. „Doch nur wer alles kennt, weiß, dass alles Sinn macht.“ Dieser Leitspruch der Engel begleitet den Leser im ganzen Buch.

Die Geschichte hält einen von Anfang an gefangen, was vor allem an den sehr detailliert ausgearbeiteten Charakteren liegt. Jeder von ihnen ist einzigartig, hat Stärken, Schwächen, Wünsche und Ängste und jeder von ihnen ist ein Puzzleteil ein einem großen Kampf, der letztendlich zur Neuordnung der Welt führen wird. Besonders gut gelungen sind aber auch die Charakterentwicklungen, die die Hauptcharaktere wie zum Beispiel die Engel Nathanael und Iax, aber auch Nebencharaktere wie die Engel Ariel und Semjasa, durchmachen. Obwohl bei letzteren die Entwicklung zum negativen erfolgt, sind ihre Beweggründe nachvollziehbar und erscheinen aus ihrer persönlichen Perspektive richtig. So vermeidet es der Autor, zwischen Gut und Böse zu entscheiden und erhält letztendlich das viel beschriebene „Gleichgewicht“, ohne das die Welt am Ende nicht bestehen kann.

 

Fazit: „Apocalypsia“ ist ein spannender und mitreißender Fantasy-Roman, der sowohl in der Handlung als auch den Charakteren überzeugt. Jedoch ist die Geschichte weit mehr als pure Fantasy. Sie regt zum Nachdenken an: über die Menschen, die Zukunft und den schmalen Grad zwischen Gut und Böse. „Apocalysia“ ist ein Buch, dass man nicht so schnell vergisst.