Asa

Wahnsinnig intensiv

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majca_ Avatar

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"Aber du bist nicht jemand, der den Leuten in den Rücken schießt. Ich bin eher jemand, der ihnen den Kopf wegballert, denkst du. Der Schuss hallt donnernd von den Hausfassaden wider."

Bei einer Buchvorstellung wurde ein Auszug aus dem Roman gelesen, der mich sofort neugierig gemacht hat.
Nicht nur, dass aus der seltenen zweiten Person erzählt wird, sondern auch der Schreibstil waren mir aufgefallen.

Drvenkar schreibt mit einer bemerkenswert nüchternen Härte. Brutalität, Entbehrung, moralische Verwerfungen werden mit einer fast protokollarischen Ruhe und sprachlichen Rhythmus erzählt. Nichts wirkt melodramatisch, nichts wird erklärt, nichts wird sentimentalisiert. Dazu setzt Drvenkar gezielt starke Metaphern, die die Rohheit der Geschichte noch körperlicher spürbar machen.
Die „Du“-Erzählung verstärkt diesen Effekt zusätzlich. Sie zwingt Nähe auf, verweigert aber gleichzeitig echte Intimität. Das ergibt eine merkwürdige Spannung, die ich als unheimlich interessant empfunden habe.

Auch strukturell funktioniert der Roman erstaunlich gut. Die Rückblicke, die Perspektivwechsel und die Begegnungen mit prägenden Figuren fügen sich zu einem Bild, das Ambivalenz zulässt, statt moralisch zu kommentieren. Die Familiengeschichte hinter den „Prüfungen“ wird so nach und nach freigelegt und verankert das Ganze stärker im gesellschaftlichen und historischen Kontext.
Zusammen mit der Sprache entsteht eine anhaltende Sogwirkung. Bemerkenswert für ein langes Buch, das eigentlich kein hohes Tempo hat.

Das Ende hat mich allerdings ein wenig unbefriedigt zurückgelassen. Es ist narrativ schlüssig und wahrscheinlich sogar bewusst so gesetzt, aber ohne einen echten Höhepunkt fällt der Schluss zu beiläufig, zu plötzlich aus.

Trotz dieser leichten Unzufriedenheit bleibt das Buch insgesamt sehr beeindruckend, vor allem stilistisch. Drvenkar trifft eine Tonlage, die man im deutschsprachigen Raum nicht oft findet und schafft einen ungewöhnlich intensiven, atmosphärisch starken Thriller, der weniger auf Spannung als auf Wirkung setzt.