Der Sonne entgegen

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marapaya Avatar

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Sonnenblumen sind das Sinnbild des Sommers. Sie sehen wirklich aus wie kleine Sonnen, stehen freundlich aufrecht, das Gesicht zur großen Sonne gewandt und halten im Garten oder auf dem Feld wesentlich länger als in der heimischen Vase. Als Sommerkind bin ich logischerweise ein großer Sonnenblumenfan. Bei Benjamin Cors spielen Sonnenblumen eine tragende Rolle. So tragend, dass ein Exemplar es sogar auf das Buchcover geschafft hat – wenn auch traurig anzusehen, um mit dem Titel „Aschesommer“ eine Verbindung zu schaffen. Es war mein erster Cors und ich bin sehr angetan vom Erzählstil des Autors, der ähnlich düster und intensiv schreibt, wie vor allem skandinavische Autoren. Anfänglich war ich auch der Meinung, einen schwedischen Thriller zu lesen. Keine Ahnung warum. Die Orte sind alle nicht genau benannt, ich stutzte dann aber doch über den ein oder anderen Figurennamen, der so gar nicht schwedisch klang, dass ich mich dann doch erstmal zum Autor informiert habe und etwas Mühe hatte mir nun eine deutsche Szenerie ins Kopfkino zu holen. Vielleicht lag es auch an der ungewöhnlichen Taskforce „Gruppe 4“, die für die ungenannte Stadt in Serienmordfällen ermittelt und mit diesen grausamen Todesfällen konfrontiert wurde, deren Urheber sich relativ schnell in der geschlossenen Psychiatrie ausfindig machen ließ und trotzdem nicht zu stoppen schien. Die beiden Hauptermittler Jakob und Mila waren mir von Beginn an sympathisch, obwohl sie wenig von sich preisgaben. Doch Benjamin Cors konnte ihre Charaktere dennoch so klar zeichnen, dass sie mir nahe kamen und durch die vielen nur angerissenen persönlichen Geheimnisse noch ganz viel Interesse für weitere Begegnungen geweckte wurde. Die geschickten Perspektivwechsel, zum Teil aus der Sicht des vermeintlichen Killers, haben den Spannungsbogen konstant hoch gehalten und immer wieder für überraschende Wendungen gesorgt. Gleichzeitig versteht es Cors, dass der Leser zwischendrin auch Erholung braucht und zu viel Grausamkeit, Mord und Totschlag nur schwer zu ertragen ist. Es war ein absolut ausgewogenes Erzählen und hat mir wirklich gut gefallen.
Großer Pluspunkt für mich persönlich war auch die thematische Grundlage des Buches. Offensichtlich muss ich einige Schulstunden verpasst haben, zumindest die, in denen es um die verschiedenen großen Sterben unserer Welt ging. Bis auf das Aussterben der Dinosaurier durch einen Meteoriteneinschlag war mir nicht klar, dass zugunsten der Entwicklung unserer Erde noch weitere große Sterben vorausgegangen waren. Eine brandaktuelle Referenz zum aktuellen Diskurs, in dem die Menschheit wohl für das nächste große Sterben verantwortlich sein wird. Kurzum, Benjamin Cors konnte mich für seine Reihe zur „Gruppe 4“ begeistern und ich werde mich für den anstehenden Urlaub wohl mit dem ein oder anderen Thriller aus seiner Feder eindecken.