Genrezuordnung passt nicht

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
mysticcat Avatar

Von

Astro-Tims Sternstunden ist ein ungewöhnliches Buch. Es bewegt sich irgendwo zwischen Sachbuch, Science-Fiction und visionärem Essay – mit dem Ziel, Leser:innen für die Zukunft der Menschheit im All zu begeistern. Dabei schafft es der Autor, viele komplexe Themen sehr anschaulich und bildhaft zu erklären. Das gelingt besonders durch Vergleiche wie jenen auf Seite 166:

„Die Zerlegung des Merkurs ist im Vergleich zum Jupiter ein Kinderspiel – als würd man nach dem Verzehr eines ganzen Truthahns noch ein Häppchen Nachtisch zu sich nehmen“,
beschreibt Sheev Levo, und ergänzt:
„Ich weiß auch nicht, woher diese ganzen Essensvergleiche kommen. Vermutlich habe ich Hunger.“

Diese Passage steht sinnbildlich für die Stärken und Schwächen des Buches. Die bildhafte Sprache macht abstrakte Zukunftsvisionen greifbar, fast unterhaltsam. Gleichzeitig stößt man immer wieder auf wissenschaftliche Schwächen oder unbeantwortete Fragen – wie etwa die Fortexistenz von Kolonien auf den Jupitermonden, obwohl der Planet selbst längst "abgebaut" wurde. Solche Widersprüche werfen Zweifel auf, wie konsistent das Weltbild konstruiert ist.

Stark ist das Buch vor allem dort, wo es die Vergangenheit und Gegenwart der Raumfahrt reflektiert und Entwicklungen positiv und mit Offenheit bewertet. Es vermittelt Aufbruchstimmung, Optimismus und Lust auf Zukunft. Einige technologische Ideen – wie die Kryonik oder die Verschmelzung von Mensch und Maschine – erscheinen durchaus plausibel und anregend. Andere Vorstellungen hingegen, etwa das Auftreten mehrerer neuer Homo sapiens-Unterarten innerhalb von weniger als 1.000 Jahren oder funktionsfähige Wurmlöcher, gehen deutlich in den Bereich der Science-Fiction über – und wären vermutlich dort auch besser aufgehoben.

Gerade dieser Aspekt macht die Vermarktung als Sachbuch etwas problematisch. Wer ein wissenschaftlich fundiertes Werk zur Zukunft der Raumfahrt erwartet, könnte enttäuscht werden. Wer hingegen technologische Visionen mit einer Prise Fantasie schätzt und sich gern mit futuristischen Gedankenspielen beschäftigt, wird durchaus seine Freude an diesem Buch haben.

Fazit: Astro-Tims Sternstunden ist ein fantasievoll geschriebenes, stellenweise inspirierendes Buch über mögliche Zukünfte im All. Als Sachbuch wissenschaftlich nicht immer stimmig, aber als unterhaltsames SciFi-nahes Werk mit realitätsbezogenen Anklängen für technologieinteressierte Leser:innen definitiv eine interessante Lektüre.