Spannende Heldin, deren Geschichte mich leider nicht abholt

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Das Cover des Buches gefällt mir ziemlich gut, ich mag, dass es wirkt, als würde es sich an einer antiken Tonvase orientieren in den entsprechenden Orangetöne in Kombination mit der schwarzen und weißen Gestaltung der Figuren. Dadurch wird direkt deutlich, um welche Art von Buch es sich hierbei handelt. Allerdings fand ich schade, dass die Gestaltung nicht den ersten Büchern nachempfunden ist, zwar passen die Buchrücken halbwegs zusammen, aber dieses Buch bricht durch die fehlenden goldenen Akzente schon mit der bisherigen Darstellung.

Die Geschichte war dennoch sehr vielversprechend: Als Iasos von Arkadien anstatt des gewünschten Erben und Stammhalter eine Tochter bekommt, lässt er diese in der Wildnis aussetzen. Allerdings nimmt sich die Göttin Artemis des Mädchens an und sorgt dafür, dass sie von einer Bärin neben den eigenen Kindern großgezogen wird. Dort wird sie zu einer Jägerin, die alle Männer mit ihren Fähigkeiten hinter sich lässt. Deswegen beauftragt sie ihre Schutzpatronin Artemis auch, Jason und die anderen Argonauten auf der Suche nach dem goldenen Vlies zu begleiten, schärft ihr dabei aber auch ein, sich keinesfalls auf einen Mann einzulassen. Auf der Reise lernt Atalanta ihre Mitreisenden aber immer besser kennen und ihr Versprechen der Göttin gegenüber gerät immer mehr ins Wanken.

Ich liebe antike Mythen und habe mich schon auf die verschiedensten Arten mit ihnen auseinandergesetzt. Atalantas Geschichte kannte ich aber dennoch nur in Grundzügen, da war mir die Suche nach dem goldenen Vlies schon deutlich präsenter. Genau aus dem Grund wollte ich aber dieses Buch unbedingt lesen, zumal es sich bei Atalanta ja um eine eher ungewöhnliche weibliche Heldin der Antike handelt. Der Schreibstil war für mich erst einmal ungewohnt und habe dadurch etwas gebraucht, um so richtig in die Geschichte zu finden. Atalantas Geschichte wird distanziert, manchmal fast emotionslos erzählt und es fiel mir deswegen schwer, so richtig mitzufiebern. Ich habe ihre Geschichte mit Interesse gelesen, aber ich habe nicht mit ihr mitgelitten oder wollte unbedingt, dass sie ihr eigenes Schicksal ändern kann. Deswegen hatte ich auch nie das Bedürfnis, dieses Buch in einem Zug durchzulesen, ich habe immer wieder zwischendurch ein paar Kapitel gelesen und fand das auch vollkommen okay so.

Atalanta als Person fand ich unglaublich spannend, aber so richtig hat sie es nicht in mein Herz geschafft, vielleicht weil sie emotional nicht so nahbar ist. Das liegt definitiv daran, dass sie von einer Bärin aufgezogen wird und dadurch natürlich auch nicht weiß, wie Menschen mit ihren Gefühlen umgehen und sie lernt es auch später nicht, da sie einfach viel zu wenig Kontakt mit Menschen hatte bis sie auf die Reise mit den Argonauten geht. Ich mochte dabei eigentlich sogar gerne, dass sie keine Spielchen spielt oder manipulativ ist und somit im krassen Gegensatz zu Medea steht, die in der Geschichte ebenfalls eine wichtige Rolle spielt. Sie versteckt sich und ihre Fähigkeiten den Männern gegenüber auch nicht, sondern es ist ihr immer wichtig, sich zu beweisen und zu zeigen, dass sie die beste Jägerin ist. Das alles hat sie durchaus zu einer starken Heldin gemacht, aber ich hatte dennoch nie das Gefühl, wirklich Teil der Handlung sein zu können, sondern sie lediglich mit einem distanzierten Interesse zu verfolgen. Das fand ich ziemlich schade, weil die gesamte Handlung und auch Atalanta als Protagonistin definitiv das Potential gehabt hätte, sehr viel emotionaler zu gestalten. Vor allem die Reise der Argonauten wird fast schon beiläufig erzählt, was ich sehr enttäuschend fand. Ich kannte die Geschichte der Argonauten nur in seinen Grundzügen und habe mich eigentlich gefreut, mehr zu erfahren, aber bis auf die Szenen mit Medea fand ich alles sehr blass und fast schon uninteressant. Vor allem die Beziehungen mit den anderen Teilnehmern der Reise kamen mir zu kurz, sie war immerhin eine Frau unter Männern. Natürlich eine, die über besondere Fähigkeiten verfügt und sich auch gegen jeden der Männer hätte verteidigen können, aber genau das spielte so gut wie keine Rolle. Natürlich interagiert sie immer wieder mit ihnen und muss sich auch gegen Anfeindungen wehren, aber so richtig um ihren Platz kämpfen muss sie nicht. Das liegt vielleicht aber auch daran, dass diese Männer ihr oft egal sind, sie kümmert sich zwar um ihren eigenen Ruhm, aber glaubt auch, dass sie ihnen überlegen ist (oft zu Recht). Deswegen hatte ich oft das Gefühl, dass sie gar nicht wirklich mit ihnen zusammenarbeiten will, weil es einfach unter ihrer Würde ist. Auch wenn es natürlich um Atalanta geht, hätte ich dennoch gerne mehr über Jason oder anderer seiner Männer erfahren und war zum Schluss fast schon frustriert, wie unaufgeregt all die Abenteuer erzählt wurden.

Alles in allem habe ich von dem Buch deutlich mehr erwartet. Es war nicht schlecht, war trotz seiner Nüchternheit auch recht angenehm zu lesen, aber ich wurde einfach nicht mitgerissen, weder von Atalanta als Protagonistin noch von der Handlung. Das fand ich extrem enttäuschend, weil es einfach so viel mehr Potenzial gegeben hätte.