Nervenaufreibender Psychothriller

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INHALT
Nile hat endlich ihre große Liebe gefunden: Ben. Doch plötzlich verschwindet Ben spurlos. Und niemand will Nile bei der Suche helfen. Bis auf eine – seine Frau. Ihre ärgste Feindin. Judith Merchant inszeniert in diesem hochkarätigen Thriller ein so packendes wie raffiniertes psychologisches Vexierspiel voller doppelter Böden und verblüffender Wendungen.
Eben noch war Ben in der Boutique, in der Nile ein Kleid anprobierte, doch als sie aus der Umkleidekabine kommt, ist er verschwunden. Nile ist sich sicher: Es muss etwas Schreckliches passiert sein. Aber niemand will ihr glauben. Noch nicht mal seine engsten Freunde, die Nile sowieso für zu anhänglich halten. Also muss sie ausgerechnet ihre größte Feindin um Hilfe bitten: Flo, die Frau, mit der Ben noch verheiratet ist. Zu Niles Erstaunen ist diese sehr kooperativ. Doch dann entdecken die beiden Frauen immer mehr Ungereimtheiten in Bens Leben. Und die gemeinsam begonnene Suche entwickelt sich zu einer atemlosen Jagd, denn Nile realisiert: In diesem perfiden Spiel kann sie niemandem trauen. Schon gar nicht Flo.
(Quelle: Kiepenheuer & Witsch)

MEINE MEINUNG
Mit ihrem neuesten Roman „Atme“ hat die deutsche Autorin Judith Merchant einen fesselnden Psychothriller vorgelegt, der uns mit seiner rasanten, nervenaufreibenden Geschichte und überraschenden Wendungen wahrlich kaum noch zu Atem kommen lässt, aber auch zunehmend Verwirrung stiftet.
Die Geschehnisse um Bens mysteriöses Verschwinden und Niles panischer Suche nach ihrem Partner erzählt die Autorin ausschließlich aus der Ich-Perspektive ihrer Protagonistin Nile, so dass man sich anfangs sehr gut in ihre Gedanken- und Gefühlswelt hineinversetzen kann. Kurze Sätze und rasche Szenenwechsel sorgen für reichlich Tempo und spiegeln gekonnt das Innenleben der gänzlich überforderten Protagonistin wider. Hautnah erlebt man die Achterbahnfahrt ihrer Gefühle und ihren von Verzweiflung, Sorgen und Misstrauen getriebenen Aktionismus mit und lässt sich von ihrer zunehmenden, oftmals irrationalen Paranoia anstecken. Doch schon bald wird deutlich, dass man den Wahrnehmungen und Erinnerungen dieser verwirrten, hysterisch agierenden Protagonistin nicht völlig trauen kann. Aufgrund eines unverarbeiteten Traumas in ihrer Vergangenheit scheint sie oft mit ihren eigenen Dämonen zu kämpfen zu haben und in einem beängstigenden Alptraum zwischen Wahn und Wirklichkeit gefangen zu sein. Gebannt verfolgt man dem unheilvollen Verlauf dieser fesselnden, sehr verwickelten Geschichte und versucht den wahren Hintergründen auf die Spur zu kommen. Doch mit immer neuen Puzzleteilchen wird es zunehmend schwieriger, die nur aus Niles Sicht geschilderten Ereignisse einzuordnen und sich ein objektives Bild von den wirklichen Geschehnissen zu machen. Im letzten Drittel zieht der Spannungsbogen mit immer neuen, oftmals etwas unglaubwürdigen Verwicklungen enorm an und die Handlung gipfelt schließlich in einem packenden Finale und einer höchst überraschenden Auflösung, die allerdings nicht ganz schlüssig ist und mich nicht völlig überzeugen konnte.

FAZIT
Ein fesselnder Psychothriller mit einer rasanten, nervenaufreibenden Geschichte, einer sehr anstrengenden Protagonistin und einer nicht ganz überzeugenden Auflösung.