Solide Unterhaltung

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recensio Avatar

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Nile ist eine - nennen wir sie mal ... - außergewöhnliche Frau. Das wird dem Leser schon nach den ersten Seiten klar. Sie übertreibt gerne und benimmt sich recht exzentrisch, obwohl sie mehr der introvertierte Typ zu sein scheint. Lange passen diese Charakterzüge nicht zusammen, und so erscheint Nile als eine Frau, die zwar weiß, was sie will, aber manchmal sehr unbedarft an ihr Ziel zu gelangen scheint. Die zentrale Frage ist hier: Sagt Nile die Wahrheit? Wenn ja, warum lügen die anderen? Wenn nein, was für einen Grund hat Nile, zu lügen?

Die Handlung erstreckt sich nur über eine kurze Zeit. Das macht die Story sehr rasant. Nile kommt aus einer Boutique und ihr Freund ist verschwunden – entführt! Aber wer würde so etwas tun und vor allem, warum? Niles Ängste und Neurosen blühen auf, als Ben nicht ans Telefon geht und verschwunden bleibt. Niemand hat ihn gesehen. Eine Zeit lang dachte ich, Ben ist Niles unsichtbarer Freund – so einer, wie kleine Kinder ihn oft haben. Doch tatsächlich gibt es ihn und die beiden sind unzertrennlich, wollen sogar heiraten.

Irgendwann fügen die Puzzleteile sich zusammen. Nicht nur die, die mit Bens Verschwinden zusammenhängen, sondern auch die, die Niles Verhalten erklären. Es zeigt sich wieder einmal, dass eine Geschichte immer zwei Seiten hat und man Menschen nicht zu schnell beurteilen soll. (Ganz ehrlich, ich habe es gemacht. Und bin prompt reingefallen.)

Der Schreibstil ist schlicht, aber wirkungsvoll. Manchmal lässt er die Story wirr erscheinen, wie ihre Gedanken. Wenn sie klare Momente hat, dann ist auch der Satzbau geradlinig und direkt. Auch Niles Mantra, „Atme!“, kam des Öfteren zum Einsatz.

Das Ende hat mich etwas zwiegespalten zurückgelassen. Auf der einen Seite gefiel es mir gut so, wie es ist. Auf der anderen Seite hätte ich mir von dem Thrill und dem Kopfkino, den ich mit diesen letzten Sätzen hatte, sehr viel mehr gewünscht. Vor allem aber störte mich, dass manche sehr zentrale Frage offen bleibt. Da nützt es auch nichts, dass die Autorin genug Platz für eigene Vermutungen lässt, denn diese müssen ja nicht zwangsläufig richtig sein.

Persönliches Fazit: Zwar hatte ich mir etwas mehr erhofft, aber trotzdem hat mich die Story gut unterhalten und deshalb kann ich das Buch weiterempfehlen. Ein kleiner Tipp: Schaut doch erst einmal in die Leseprobe rein.