"Es ist ein Geschenk, in zwei Ländern dieser Welt zu Hause zu sein"

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mazapán Avatar

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Als ich 2019 in Marokko war, hätte ich nicht gedacht, dass dieses Land mich so beeindrucken würde, wie es getan hat. Mein Ziel war, einen schönen Urlaub zu verbringen, in einem Land, in dem ich noch nie gewesen war, dazu wollte ich wissen, wie es ist, in einem labyrinthischen Souk zu laufen und natürlich wollte ich das Märchenhafte entdecken.

Ich fand aber viel mehr als das! Ich habe herzliche und genügsame Menschen kennengelernt, ich habe erfahren, was es bedeutet, in einem Riad zu wohnen, in dem ich wie ein Familienmitglied behandelt wurde, und ich habe auch gelernt, dass die Marokkaner wirklich Unmengen an süßem Minztee trinken, und dass das Wetter im April traumhaft ist (und gar nicht heiß).

Mona Amezianes Vater kommt aus Marokko, ihre Mutter aus Deutschland. Irgendwann, noch war sie ein Kind, hat sie festgestellt, dass sie "anders" war als die meisten Kinder in Deutschland. Dieses "halb und halb" zu sein, hat sie seitdem ihr ganzes Leben beschäftigt, aber erst im Erwachsenenalter ist das ihr richtig klargeworden. Das ist der Grund, warum sie ein Buch geschrieben hat: "Auf Basidis Dach". Basidi war ihr marokkanischer Großvater. Auf dessen Dach steht Mona gern und guckt auf die andere Dächer der Medina in Fès, und denkt über ihr Anderssein nach. Dieses Nachdenken teilt sie uns in Form einer Reise nach und durch Marokko mit, und während der sie versucht, ihre Familie, ihre marokkanischen Mitmenschen und sogar das Teetrinken mit anderen Augen zu betrachten. Mit den Augen einer halben Marokkanerin, die mehr über sich selber erfahren möchte, und eine Verantwortung übernimmt: die eines Menschen, der eine Brücke zwischen zwei Kulturen bildet. Dies zu vermitteln, ist ihr sehr gut gelungen. Beim Lesen habe ich mich wie in Marokko gefühlt, ich konnte ihre Motivation nachvollziehen.

Sie erzählt von der Landschaft, den Leuten, dem Essen, dem Tee und natürlich auch von Sitten und Gewohnheiten, die sie daran erinnern, dass sie in Deutschland aufgewachsen ist und die ihr gelehrt haben, ihre westliche Lebensweise zu schätzen, und die Respekt für das Marokkanische in ihr erweckt haben.

Am Ende dieser marokkanischen Reise spüre ich Sehnsucht nach diesem Land, bedaure, dass aufgrund mehrerer Umstände Mona die Antwort auf viele ihrer Fragen nicht mehr bekommen kann, teilweise auch, weil ihr Vater, ein liebenswerter Mann, der aber oft mit gewöhnlichen Sprüchen um sich wirft (die manchmal wie Allgemeinplätze auf mich wirkten), sie auch nicht mehr liefern kann, auch bekomme ich große Lust auf eine marokkanische Mahlzeit in vielen kleinen Schälchen verteilt, an einem großen Tisch, inmitten einer lauten und warmherzigen Familie.

Und Durst nach Tee habe ich natürlich bekommen, nach echtem marokkanischem Minztee mit viel Zucker. Denn, sehr geehrte Mona Ameziane, nur mit viel Zucker schmeckt er wirklich nach Marokko.