Wunderbare Gesellschaftsdarstellung

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evapla Avatar

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Peter Huth hat mich mit seinem zweiten Roman (den ersten den ich von ihm lese) "Aufsteiger" sofort in seinen Bann gezogen. Das Cover knüpft perfekt an sein erstes Roman-Cover an, die zwei passen gut zusammen. Und dazu der unerwartete Beginn der Geschichte - nach Lesen des Klappentextes wäre ich nie auf die Idee gekommen, dass der Grundstein für die folgende Erzählung in der Gerichtsmedizin gelegt wird.

Felix Lichts beschauliches und finanzstarkes Leben wird ordentlich durchgerüttelt, als nicht er sondern seine ehemalige Praktikantin Zoe Rauch die Redaktionsleitung seines Magazins bekommt - und das aus Gründen, die in unserer Gesellschaft für Zündstoff sorgen: er ist ein Mann, zu alt und weiß. Das Magazin möchte sich verändern, mit der unattraktiven Vergangenheit abschließen - und mit ihm seine Besitzer, das Ehepaar Berg. Gleichzeit wittert ein ehemaliger, gehörnter Anwalt seine Chance, in seinem hetzerischen Blog neue zahlungskräftige Follower zu gewinnen, indem er sich Felix Licht als Anwalt gegen den Verlag anbietet.

Ich finde das Buch wunderbar. Die verschiedenen politischen Ansichten und Eitelkeiten werden so treffend beschrieben, dass ich den jeweiligen Personen gar nicht richtig böse sein kann und einfach nur gespannt bin, wie sie das sich immer schneller drehende Rad der Wut, Verletztheit und gekränktem Stolz stoppen können - oder fährt es einfach gegen die Wand und zerschellt?

Treffendster Satz, der das zugrunde liegende Problem in Felix Lichts Leben und auch der Realität am besten beschreibt:
"Felix Lichts Schmerz spiegelte den Schmerz einer ganzen Generation von Männern, die sich dagegenstemmten, älter zu werden, und die nicht einsehen wollten, dass sie und ihre Deutungshoheit über die Welt abgelöst würde."
Peter Huth, ein alter, weißer Mann, schreibt über alte, weiße Männer. Macht Freude.