Ideenreich und (fast zu) komplex

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merkurina Avatar

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Ich hatte Schwierigkeiten in das Buch reinzukommen, der Anfang ist recht umständlich und auch reichlich brutal. Ohne Rezensentinnen-Pflicht hätte ich es womöglich bald wieder auf einen Stapel gelegt und die Lektüre auf einen unbestimmten Zeitpunkt vertagt - nicht unbedingt ein gutes Zeichen für einen Thriller. (Dieser ist außerdem als dickes Paperback zunächst recht unhandlich, die Seiten müssen bei dem backsteinähnlichen Teil anfangs ganz schön gebändigt werden...)
Plötzlich entwickelte das Buch aber einen ziemlichen Sog und ich zog mich ein verlängertes Wochenende, immer wenn es möglich war, aufs Sofa zurück, um weiter zu lesen. Was sich auch empfiehlt, um in dieser etwas überkomplexen Handlung nicht den Faden zu verlieren...
Ein spannender Schmöker, aber die Ideen des Autors hätten vermutlich auch für drei Thriller gereicht. So nimmt die Handlung wirklich viele Abzweige, jede Spur für sich scheint schon kompliziert angelegt, aber kaum ist sie zu Ende verfolgt, zeigt sich, dass noch etwas ganz anderes hinter allem steckt - bzw. jemand ganz anders. Hinzu kommen noch "Familienangelegenheiten", die auch recht kompliziert konstruiert sind.
Ein herausragender Thriller ist meiner Ansicht nach natürlich keineswegs eindimensional, aber vielleicht doch etwas klarer strukturiert.
Last not least empfinde ich die Figurenzeichnung von Jacinthe, dem weiblichen Teil des Ermittler*innen-Duos etwas diffamierend. Augenscheinlich ist sie immer etwas doofer als ihr Kollege Victor, ihre Thesen sind uninspirierter und tragen weniger zu Auflösungen bei, außerdem ist sie lesbisch, grob und dick und isst ständig. Ganz das Gegenteil von Nadja, dem engelsgleichen Geschöpf an Victors Seite. Naja...