Wissenschaftskabarett über das Ende von allem

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robkru Avatar

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„Aus! Die Wissenschaft vom Ende“ von den Science Busters habe ich als eine Mischung aus Dauer-Schmunzeln, Stirnrunzeln und ehrlichem Staunen gelesen. Das knallige lila Cover mit dem simplen Lichtschalter wirkt zunächst schlicht, bleibt aber im Kopf und passt überraschend gut zum Thema: Es geht ums Ende – von Dingen, Welten, Universen – und um die Frage, ob es überhaupt so etwas wie „Schluss“ gibt.

Inhaltlich nehmen die Science Busters so ziemlich alles auseinander, was ein Ende haben könnte oder vielleicht auch nicht: das Ende der Menschheit, das Ende der Erde, das Ende des Universums, die Unendlichkeit in Physik und Mathematik, Engelflügelstatik, Außerirdische, Himmel und Hölle, Klimawandel, Pandemien, Politik und natürlich die berühmte Wurst mit ihren drei Enden. Besonders die astronomischen Kapitel haben mich gepackt: Expansion des Universums, kosmische Endzeitszenarien, Relativitätstheorie, Quantenphysik – alles so erklärt, dass man auch ohne Physikstudium mitkommt und beim Lesen immer wieder dieses „Aha, so ist das also!“-Gefühl hat. Gleichzeitig bleibt das Buch nicht im Kosmos hängen, sondern wechselt immer wieder auf die sehr menschliche Ebene: Wie gehen wir mit unserer eigenen Endlichkeit um? Warum verdrängen wir das Offensichtliche so hartnäckig, gerade beim Klima? Und wieso sind wir als Spezies so gut darin, uns selbst im Weg zu stehen?

Stilistisch liest sich das Ganze wie verschriftlichtes Kabarett. Der Ton ist locker, flapsig, oft wienerisch, mit einem Hang zur Ironie und vielen Seitenhieben – auf Politik, Verschwörungsglauben, religiöse Vorstellungen und allzu menschliche Bequemlichkeit. Man wird regelmäßig direkt angesprochen, mit kleinen Einwürfen à la „gern geschehen“, die das Lesen sehr lebendig machen. Am Anfang hat mich dieser Stil komplett mitgerissen: Es fühlt sich an, als säße man in der ersten Reihe bei einer Science-Busters-Show. Mit der Zeit merkt man allerdings auch die Kehrseite: Manche Passagen werden sehr dicht, sowohl inhaltlich als auch sprachlich, und der Humor legt sich wie eine zusätzliche Schicht über die Fakten. An ein paar Stellen hatte ich das Gefühl, die Pointe verdeckt fast die Argumentation, und ich musste Sätze zweimal lesen, um den wissenschaftlichen Kern herauszufiltern. Dazu kommt, dass das Buch von mehreren Autor*innen geschrieben wurde, was man spürt: Mal ist der Ton sehr verspielt und leicht, mal deutlich nüchterner und fachlicher, mal stark auf Alltag und Politik bezogen. Diese wechselnde „Tiefe“ macht das Buch abwechslungsreich, führt aber auch dazu, dass sich nicht alles gleich zugänglich liest.

Ein Punkt, an dem sich die Geister vermutlich scheiden werden, ist die politische Dimension. Die Science Busters nehmen kein Blatt vor den Mund, wenn es um Klimapolitik, Corona-Maßnahmen oder bestimmte sehr orange gefärbte Ex-Präsidenten geht. Vieles davon habe ich beim Lesen innerlich unterschrieben, manches empfand ich aber als ziemlich direkt und einseitig. Wer ein wissenschaftliches Sachbuch mit strenger politischer Neutralität erwartet, könnte hier anecken. Wer Kabarett mag und damit leben kann, dass Positionen klar benannt werden, wird diese Zuspitzungen vermutlich eher genießen. Gerade die Rückblicke auf die Pandemie oder die Kommentare zur aktuellen Politik sind bewusst kantig formuliert – je nach eigener Haltung liest sich das befreiend klar oder eben belehrend.

Trotz dieser Reibung bleibt der wissenschaftliche Kern solide: Die Fakten sind nachvollziehbar, gut recherchiert und laienfreundlich aufbereitet. Vieles bleibt eher an der Oberfläche, weil das Buch lieber breite Bögen schlägt als tief in einzelne Spezialthemen hinabzusteigen, aber genau das scheint auch die Absicht zu sein: neugierig machen, zum Weiterdenken anregen, Lust machen, sich danach noch einmal genauer mit bestimmten Aspekten zu beschäftigen. Wissen wird hier nicht mit erhobenem Zeigefinger serviert, sondern mit Schmäh, Selbstironie und absurden Beispielen, die erstaunlich lange im Kopf bleiben – etwa die Frage, wie groß ein Engel eigentlich sein müsste, damit seine Flügel physikalisch Sinn ergeben, ohne ihm dabei das Rückgrat rauszureißen.

Unterm Strich ist „Aus! Die Wissenschaft vom Ende“ für mich kein klassisches Sachbuch, sondern schriftliches Wissenschaftskabarett: unterhaltsam, klug, manchmal überdreht, politisch deutlich positioniert und näher an der Bühne als am Lesesaal. Ich würde es allen empfehlen, die Lust auf Wissenschaft ohne Fachchinesisch haben, die über Weltuntergangsszenarien nachdenken wollen, ohne dabei komplett die Laune zu verlieren, und die Humor auch dann ertragen, vielleicht sogar schätzen, wenn er mal aneckt. Wer dagegen eine streng neutrale, durchgehend systematische Abhandlung erwartet, wird hier eher nicht glücklich. Für mich war es eine lohnende, stellenweise anstrengende, insgesamt aber sehr vergnügliche Lektüre, nach der ich das Gefühl hatte, sowohl etwas gelernt als auch viel gelacht – und gleichzeitig ein bisschen ernster über unser eigenes Ende nachgedacht zu haben.