Faszinierende Geschichte

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buecherundschokolade Avatar

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Der Roman Aus ihrer Sicht von Alba de Céspedes ist das stärkste Buch, das mir dieses Jahr bisher untergekommen ist.

Die kubanisch-italienische Autorin (1911-1997) zeichnet das Bild einer faszinierenden Frau zu Zeiten des italienischen Faschismus und während des 2. Weltkrieges. Die 10-jährige Alessandra wächst in einem römischen Wohnblock der unteren Mittelschicht auf. Ihre Mutter ist Hausfrau und gleichzeitig eine begabte Pianistin, die ihr Leben lang vom Vater, einem spießbürgerlichen Beamten, kleingehalten und belächelt wird. Als sie den Ausbruch wagt, scheitert sie tragisch. Alessandra wird zur Verwandtschaft in die Abruzzen geschickt, über die die Großmutter als Matriarchin herrscht. Alessandra scheint sich in das Landleben zu fügen, doch schließlich kehrt sie nach Rom zurück um zu studieren. In der kriegsgeplagten Stadt trifft und heiratet sie Francesco, einen antifaschistischen Universitätsdozenten. Doch Alessandra erkennt zu spät, was der Preis der Freiheit ist und begeht ein Verbrechen…

Die rebellische Geschichte einer unkonventionellen Frau hat mich von der 1. bis zur 634. Seite begeistert. Der Roman ist gleichzeitig ein Porträt des durch und durch patriarchalen und faschistischen Italien Mussolinis. Ein großer, wuchtiger Roman einer zu unbekannt gebliebenen Autorin des 20. Jahrhunderts, über die Annie Ernaux sagt: „Alba de Céspedes war für mich wie der Einbruch eines unbekannten Universums: gesellschaftliches Umfeld, Empfindungen, Atmosphäre.“

Eine klare Empfehlung für dieses berückende Stück Weltliteratur.