Beginn einer Seitenreise

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wolfgangb Avatar

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Der initiale Eindruck der Leseprobe - der Prolog - wirkt vielversprechend, herrlich bücherverliebt gleitet der erste Blick über das Regal mit den vielen bunten Einbänden ...

Sich in die Tradition der Humanisten stellend, die mit Ovid und Virgil auf Du und Du sind, beinahe jedoch diese parodierend, betreibt die Autorin ein augenzwinkerndes Namedropping der Kinderbuchklassiker, ehe sie das Topos des aufrührerischen Jung-Pädagogen bemüht, der sich an einer bornierten Kleinstadtmentalität die Zähne auszubeißen droht. Für einen kurzen Moment drängt sich der Verdacht auf, es mit einer modernisierten Version des "Clubs der toten Dichter" zu tun zu haben, der hier etabliert werden will. Diesen weiß die Autorin jedoch geschickt zu widerlegen, indem sie dramaturgische Elemente durch die narrative Oberfläche scheinen läßt und somit die aufkommende Ernsthaftigkeit großteils entschärft, vielmehr Lust an der Konstruktion einer Meta-Erzählung schafft. Also ein Bewußtsein der Figuren, selbst "nur" Teil einer Erzählung zu sein, möglicherweise sogar, als immer wieder bremsendes Element? Ausgesprochen vielversprechend. Auf dieses angedeutete Versprechen muß man sich allerdings verlassen, da in der vorliegenden Lesprobe zwar einzelne Positionen abgesteckt werden, es aber noch kaum zu einem Spannungsaufbau kommt. Auch die Handlung läßt sich nur mit Hilfe des Klappentextes erahnen ...

Für mich, der ich ebenfalls in einer öffentlichen Bücherei arbeite, ist es wie für die Protagonistin hochinteressant, zu beobachten, mit welchem Interesse (oder auch dessen Abwesenheit) Kinder auf die Reihen voller Bücher reagieren, wie Eltern versuchen, das pädagogisch Wertvollste für ihre Sprößlinge zu finden und natürlich auch innerlich über die Unterhaltungen zu schmunzeln, die zwischen den Generationen über Figuren wie Harry Potter oder Asterix geführt werden.

Insofern wäre es mir also eine Freude, die vielen kleinen Begegnungen der Lucy Hull nachzuvollziehen und mich gemeinsam mit ihr auf eine bibliophile Reise zu begeben.