Ueberholspur des Schreckens

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murksy Avatar

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Die Lebensbeichte eines Süchtigen ist bestimmt kein neues Thema. Und es ist fraglich, ob die Erzählung eines unbekannten Menschen genausoviel Aufmerksamkeit erlangt hätte. Trotzdem ist dies ein wichtiges Buch, zeigt es doch in der schonungslosen und ehrlichen Erzählweise, dass niemand vor der Sucht sicher ist. Ein starkers A-tier, wie es der Autor ja zu sein schien, erhaben über Zweifel und erfolgreich, gerät schleichend in einen Sog, der ihn zu zerstören droht. Ausschweifendes Leben, Sex, Alkohol, Drogen scheinen in diese Welt zu gehören. Wer in dieser Liga mitspielen will, scheint nur schwer ohne all dies auszukommen. Für den Ator und Bruder des berühmten Sportlers war es eine sichtbare Befreiung, dieses Buch zu schreiben. Der Weg zum Abgrund scheint so offensichtlich, dass sich der Leser fragt, wieso der Schreiber nicht sah, was auf ihn zu kam. Doch genau hier liegt die Erkenntnis des Buches. Es gibt keine Rettung, solange man nicht selbst zu hundert Prozent erkennt, dass man ein Ausgelieferter ist. Und dies zuzugeben, ist mit das Schwerste. Man ignoriert helfende Hände oder offensichtliche Zeichen seines Verfalles. Warum auch nicht, scheint zu Beginn alles nach Plan zu verlaufen. Erfolg und berauschender Sex scheinen nicht nur ohne Alkohol und Kokain möglich, nein, Letztere sind notwendig, um dem Druck standzuhalten und die Welle zu reiten. T. schreibt offen über seine Sucht. Hilft dadurch, zu verstehen, warum der Verzicht so schwierig ist, scheint zunächst Alkohol nicht das Problem, sondern die Lösung. Zur Bekämpfung der eigenen Unsicherheiten ist er das Mittel der Wahl. Als sich der Nutzen längst in das Gegenteil umgekehrt hat, begreift der Süchtige erst langsam, dass er um sein Leben kämpfen muss. Andere schaffen dies nicht. Man muss also dem Autor einen starken Willen und Kampfgeist zugestehen, denn sonst wäre die Geschichte wohl anders ausgegangen. Dass von diesem Willen natürlich nicht viel zu sehen ist in Phasen der exsessiven Sucht, ist verständlich. Das Buch hilft vielleicht Süchtigen weniger, da diese ihre Zwickmühle möglicherweise erkennen. Aber Angehörigen und Freunden dient die Lektüre vielleicht dazu, die Zeichen zu erkennen und zu helfen.