Kein typischer True Crime Roman

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melb2508 Avatar

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Ich habe Austrian Psycho als Rezensionsexemplar gewonnen - es wurde als True Crime Roman vorgestellt - und war dann überrascht vom Inhalt und Stil.

Der Serienmörder Jack Unterweger ist mir bis zur Lektüre unbekannt gewesen, ebenso wie der Autor Malte Herwig.
Sein Buch ist eine Art Bericht in Ich-Form eines namenlosen ehemaligen Bewunderers Jack Unterwegers. Als Teil der Wiener Kulturszene gehörte er zu einer Gruppe Bewunderer, die sich für die Freilassung des eigentlich zu Lebenslänglich Verurteilten einsetzte.
Vieles, was geschildert wird, wusste ich noch nicht, wie beispielsweise dass Lebenslänglich in den 1970er Jahren in Österreich einer "Todesstrafe" gleich kam, weil es nicht möglich war, entlassen zu werden. Nachdem ich mich an den Stil gewöhnt habe und verstanden habe, dass Malte Herwig nicht der Autor, sondern eher der Herausgeber ist (und die losen Seiten des namenlosen Berichtenden sortiert und in seinem Namen veröffentlicht hat), kam ich dann gut in den Text rein und habe ihn schnell durch gelesen.

Ich bin mir nicht sicher, ob es wirklich stimmt, was im Nachwort steht, dass der Verfasser Selbstmord begangen hat, nachdem ihm klar wurde, dass Jack nicht der Autor seiner Texte gewesen sein konnte. Der Tod der Opfer ließ ihn kalt, aber die Vorstellung, er könne nicht selbst seine Texte geschrieben haben und es geschafft haben, alle zu täuschen, auch ihn, hat ihn dem Text entsprechend gebrochen. Wenn das wahr ist, ist der Verfasser ein absolut seltsamer Mensch gewesen.

Ich kann das Buch auf jeden Fall empfehlen, aber es ist kein "typischer" True Crime Roman, weder reißerisch, noch zu detailliert in Bezug auf Morde/Motive/Hintergründe. Es geht eher um eine Art Selbsterkenntnis und ein Zwiegespräch zwischen Verfasser und "Autor" über den Menschen, Autoren und Mörder Jack Unterweger.
Wirklich mal was anderes!