"Vom Fegefeuer ins Paradies?"

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
lielo99 Avatar

Von

Am 30.09.1983 gab es ein Event, wie es in dieser Form noch nie stattfand. Der Wiener Kunstverein organisierte eine Butterfahrt ins Gefängnis. In die Anstalt Stein. Hier saß ein verurteilter Mörder ein und sollte vor großem Publikum aus seinem Buch vorlesen. Die Justizanstalt Stein gilt als das härtestes Gefängnis Österreichs und es ist daher umso erstaunlicher, dass Jack Unterweger die Ausnahmegenehmigung zur Vorlesung bekam.

Der Verurteilte lernte im Gefängnis das Schreiben und war der Überzeugung, dass Worte eine Waffe sein können. Dass er mit seiner Literatur nicht nur Frauen für sich vereinnahmen konnte, stellte er vielmals unter Beweis. Nachdem er auf Drängen der Künstlerkreise Wiens in Freiheit entlassen wurde, mordete er weiter. Bezeichnend, dass er immer wieder Frauen fand, die ihn finanziell und moralisch unterstützten.

Der Autor Malte Herwig schreibt im Nachwort, dass „Austrian Psycho“ von einem anonymen Verfasser geschrieben sei. Ein Rezensent bemängelt, dass hier die Taten nicht minutiös beschrieben sind. Das gefiel mir persönlich aber gut, da ich auf Blutrausch und Verstümmelung gut verzichten kann. Obwohl der Autor nicht in die Tiefe geht, berichtet die in Ich-Form geschriebene Handlung äußerst packend, was diesen Täter umtrieb. Mir stellte sich aber immer wieder die Frage, warum so viele Menschen (nein, nicht nur Frauen) auf sanfte Augen und ein angenehmes, gepflegtes Äußeres hereinfallen konnten.

Das Cover zeigt eine Collage aus einem Foto von Jack Unterweger und zerbrochenem Glas. Es harmoniert sehr gut mit dem Thema des Buches. Am Schluss gibt es noch eine lange Liste von Quellenangaben für alle Leser, die sich intensiver mit diesem Herrn auseinandersetzen möchten.