Von den Azoren kommt ein Tief

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mangobelle Avatar

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*****Zur Autorin****
Bettina Haskamp, laut Buchumschlag Jahrgang 1960 und gelernte Journalistin, hat schon mehrere Bücher verfasst. Darunter u.a. „Jetzt ist gut Knut“ und „Hart aber Hilde“. Ebenso ist in ihrem Kurzporträt zu lesen, dass sie mit Mann, Hund und Katzen mal in Hamburg und in Portugal lebt.
Ich selbst hab von ihr noch nie was gehört, aber ich lese auch nicht besonders viel in letzter Zeit. Zum anderen sind diese Bücher eigentlich nicht mein Genre.


****Handlung****
(He)Lena Janssen ist Trauerrednerin und lernt bei ihrem aktuellsten Fall den hinterbliebenen Sohn, Marco Müller, kennen. Herr Müller jr. hat nicht nur strahlendblaue Augen, sondern sofort eine Schwäche für die Langzeit-Singlette. Er schafft es, sie zu einem Date zu verabreden und kriegt die „Unspontane“ sogar ins Bett. Daraus entwickelt sich ziemlich schnell eine Fernbeziehung.

Fernbeziehung?

Ja, richtig. Denn während diese in der Ich-Form erzählte Handlung im grauen Hannover spielt, lernen wir parallel dazu Mariana kennen, die auf den Azoren lebt und gerade die Mutter Gottes anfleht, dass ihr Mann sie nicht weiter betrügen möge und (achtung OT) „die Schlampe“ sich endlich aus ihrem Leben verzieht. Natürlich kennt der perfekte Marco Müller die azorische Familie deren mütterliches Oberhaupt Mariana ist, denn er plant die Restaurierung eines alten Bauerndorfes. Und bei diesem Projekt soll ihm der betrügende Ehemann helfen.

Schließlich kommt auch Lena ins Grübeln. Entgegen ihren Gewohnheiten entschließt sie sich, Marco auf die Atlantikinsel zu folgen.


****Was hatte ich mir erhofft?****
Eigentlich nicht viel. Ich dachte an einen Frauenroman im schlimmsten Fall und eine Liebeskomödie im besten Fall. Gespickt mit dem ein oder anderen Techtelmechtel und der typischen O-Beine (sie haben sich, sie verlieren sich, sie kriegen sich). Ich wollte kurzfristige Unterhaltung, was zum schmunzeln und nicht viel nachdenken. Was Leichtes halt.

****Was habe ich bekommen****
Wenn ich das wüsste. Im Arbeitszeugnis würde wohl stehen „Frau Haskamp war stets bemüht meinen Erwartungen gerecht zu werden“. Heißt übersetzt, das war nix. Es war der Versuch mit Formulierungen wie etwa „Reisefreudig wie Hausstaub“ locker flockig daherzukommen. Mit der blonden Protagonistin und ihren dickeren Busenfreundin ein ungleiches Paar zu schaffen. Der blauäugige immer liebe und nette Marco sollte wohl für Romantik sorgen. Hat alles nicht geklappt. Schon auf Seite 80 hatte ich das Gefühl, dass auch die Autorin das gemerkt hat und sie etwas mehr Dramatik reinbringen wollte. Da stand dann Trauerrednerin Lena am Grab einer Nicht-Ganz-4Jährigen, während auf den Azoren der 2jährige Enkel von Mariana an einer Hirnhautentzündung erkrankt. Hatte null mit der Geschichte zu tun und diese auch Null voran gebracht. Bei mir hatte es zwar emotional kurz den gewünschten Effekt, aber ich blieb verärgert zurück.

Die Akteure handeln nach Klischee und bleiben farblos. Ob die gute, immer nette Lena, ihre stets gut gelaunte beste Freundin, die ja eigentlich nur wegen ihres Mannes die Society-Lady gibt, der atemberaubende Marco Müller, bei dem ich von Anfang an nicht verstand, warum er ein Traummann sein soll oder am Ende die intrigante Böse, die ja immer das bekommen hatte, was sie wollte. Es war alles so gewöhnlich. Nein, nicht nur gewöhnlich, sondern auch langweilig.

Obwohl ich nicht gerade erwartet habe, dass man in diesem Buch den Realitätssinn neu erfindet, fand ich die Sprünge in der Geschichte auch nie glaubhaft. Warum sollte Jemand, der immer für seinen Pragmatismus bekannt ist, sich erst versetzen lassen, kurz darauf sofort wieder in Flammen stehen um dann ein halbes Jahr später Hals über Kopf alles stehen und liegen zu lassen um in ein Land zu gehen, dessen Sprache man nicht kennt? Welcher Mann, der nur am Reisen ist, sucht sich seine Traumfrau am Grab seines Vaters um sie (wohlwissend, dass er auswandern wird) nach allen Regeln der Kunst zu umwerben? Und das ALLE Männer auf einen Männer-mordenden Vamp hereinfallen, von dem Insel-bekannt ist, dass sie ihre Liebschaften nach Gefälligkeit aussucht, möchte ich einfach mal nicht glauben.

Auch den ständigen Wechsel zwischen der Ich-Perspektive aus Sicht von Lena und der 3-Person, wenn über Andere berichtet wird, fand ich künstlich. Es erschien mir, als ob hier ein Anspruch erzeugt werden soll, der eigentlich keiner ist. Auf den ersten Seiten hat mich das sogar noch extrem verwirrt.

Auf dem Cover des Buches ist ein rotes Aufkleber mit der Aufschrift „Spiegel Bestsellerautorin“. Vielleicht ist das des Rätsels Lösung. Denn mit diesem Siegel wird man wahrscheinlich auch so das eine oder andere Buch los, ohne sich groß anstrengen zu müssen. Für mich ist dieses Werk maximal eine ZDF-Verfilmung wert. Da kann man sich von den schönen Bildern der portugiesischen Insel berauschen lassen und darüber hinweg sehen, dass eigentlich nix nennenswertes passiert.

Das Ende tat sein Übrigens und ließ den Leser und ja, auch mich die tatsächlich bis dahin durchgehalten hat, in allen Belangen unbefriedigt zurück.