Baba Dunja ist eine Heldin

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
flavia de luce Avatar

Von

meine Meinung:
Cover: Die Gestaltung gefällt mir sehr gut und vermittelt durch den hellblauen Hintergrund mit der Birke an der Seite einen für mich typisch russischen Eindruck. Nur die junge Frau wirkt zwar optisch gut, passt allerdings nicht zur Geschichte. Die Kleidung stimmt zwar, aber Baba Dunja ist etwa 85 Jahre alt und auch nicht unbedingt schlank.
Baba Dunja ist unsere Hauptperson. Sie hat nach dem Reaktorunfall in Tschernobyl damals als letzte und nur notgedrungen ihr Dorf verlassen, um dann in den 90er Jahren (als mittlerweile fast 70-Jährige) als erste wieder in ihr Dorf und ihr Haus zurückzukehren. Nur hier fühlt sie sich zu Hause.
Ihre Kinder wohnen weit weg und ihre Enkelin hat sie noch nie gesehen. Allerdings gewährt uns Baba Dunja durch die Briefe an ihre Tochter und vor allem die sehr persönlichen Briefe an ihre Enkelin einen interessanten Einblick in ihr Leben so fern ab von der Zivilisation im Niemandsland.
Durch die Presse gelangt ihre Rückkehr in die Öffentlichkeit und so finden sich nach und nach mehr Gleichgesinnte im Dorf ein. Alles ältere Leute, die nichts mehr zu verlieren haben und in Ruhe ihre letzten Jahre verbringen wollen. Da ist z. B. die eigentlich gesellige Marja, der hundertjährige Sidorow, Petrow (der lt. seinen Ärzten schon seit Jahren tot sein sollte) und die lieber für sich bleibenden Gavrilows. Alle Bewohner sind Einzelgänger aber im Grunde bilden sie trotzdem eine eingeschworene Gemeinschaft, die aufeinander aufpasst und sich unterstützt. Sie versorgen sich fast ausschließlich selbst und kommen bestens klar. Von der Außenwelt werden sie glücklicherweise in Ruhe gelassen. Dann kommt allerdings Bewegung ins Dorf, als ein Mann mit seiner Tochter dort auftaucht. Ab dem Moment ist nichts mehr wie vorher.
Eine wunderbar poetische Geschichte über ein entschleunigtes, auf das Wesentliche reduziertes und trotzdem - oder gerade deshalb - glückliches und erfülltes Leben. Die kleine Welt des Dorfes ist perfekt beschrieben und ich fühlte mich beim Lesen immer mittendrin. Schade dass die Geschichte nach nur 154 Seiten vorbei ist. Ich wäre gerne noch länger bei Baba Dunja und ihren Freunden im Dorf geblieben.

Bewertung:
Ein sehr empfehlenswertes Kleinod über eine eigentlich zum Tode verurteilte Landschaft, die jedoch von einigen schrulligen und liebenswerten alten Leuten am Leben und bewohnt gehalten wird. Am liebsten würde ich Baba Dunjas Geschichte gleich noch einmal lesen (vielleicht mache ich das ja auch bald). So ist es mir schon sehr lange nicht mehr bei einem Buch gegangen!
Eine wunderbar ruhige und berührende Geschichte, die uns zeigt, worauf es im Leben wirklich ankommt. Von mir gibt es eine uneingeschränkte Leseempfehlung!!