Baba Dunjas Leben

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mammutkeks Avatar

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Baba Dunja ist "auch keine 82 mehr", sondern älter. Wie alt genau, darüber schweigt sie sich aus. Sie lebt in Tschernowo, einem sehr sehr kleinen Dorf, das direkt in der Strahlungszone Tschernobyls gelegen ist. Eigentlich sollten hier keine Menschen mehr leben, aber Baba Dunja ist genau wie etwa eine Handvoll weiterer Menschen wieder zurückgezogen.
Besuch bekommen die Bewohner nicht, es sei denn, es gibt einmal wieder Biologen oder andere Wissenschaftler, die Tests über die Strahlung machen wollen. Oder Mediziner, die die Überlebenden untersuchen. Ansonsten sind Baba Dunja, Marja und die anderen alten Leute darauf angewiesen, selbst in den Nachbarort zu fahren - nach etwa zwei Stunden Fußmarsch erreicht Baba Dunja die Bushaltestelle, dieser fährt dann noch etwa eine weitere Stunde, bis Malyschi erreicht ist. Dort können die Dinge des täglichen Lebens gekauft werden, die nicht im Dorf wachsen. Allerdings fährt Baba Dunja nur noch selten, da ihr der Weg inzwischen zu lang und zu mühsam ist.
In wenigen Worten und auf wenigen Seiten ("Baba Dunjas letzte Liebe" hat gerade einmal 154 Seiten) beschreibt Alina Bronsky eine völlig fremde Welt. Geprägt von der Reaktorkatastrophe ist es in Tschernowo noch einsamer als man es sich vorstellen kann. Und obwohl nur wenige Menschen dort wohnen, gibt es keine wirkliche Freundschaft, sondern sogar Neid und Missgunst. Baba Dunjas Leben ist geprägt von der Arbeit im Garten, um sich mit frischem Gemüse ernähren zu können und den Briefen ihrer Tochter Irina, die Medizinerin in Deutschland ist. Nebenbei kümmert sie sich noch ein wenig um die Nachbarin Marja und um den geistig verwirrten Petrow.
"Baba Dunja" ist eine abgeschlossene Geschichte - und doch hatte ich immer das Gefühl, dass etwas fehlt, dass mir Zusammenhänge nicht erschlossen werden. Liebe, Familie, Heimat: diese großen Themen sind prägend für den kurzen Roman, der sich gut und schnell lesen lässt. Ob er mir allerdings lange in Erinnerung bleiben wird, wage ich zu bezweifeln.