Ein Romänchen

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hurmelchen Avatar

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Okay, das war es!
Das war das letzte Buch, welches ich von Alina Bronsky gelesen habe!

Die Geschichte von Evdokija Anatoljewna, genannt Baba Dunja, die nach dem Reaktorunglück von Tschernobyl als eine der Ersten in ihr, in der Todeszone gelegenes, Dorf Tschernowo zurückkehrt,ein selbstbestimmtes Leben im Einklang mit der Natur führt, und für die anderen Rückkehrer, alles sehr alte Leute, eine Art "Bürgermeisterin", eine Art moralische Instanz wird.
Eines Tages kommt ein fremder Mann mit seiner kleinen Tochter ins Dorf, was die seltsame Idylle mächtig stört.
Soviel zur Ausgangssituation.

An Talent oder Humor mangelt es Alina Bronsky sicher nicht, aber aus einem mir unerfindlichen Grund, bleiben ihre Romane Fragmente. Es scheint immer so, als hätte sie keine Lust, ihre guten Ideen mit Leben und Herzblut zu füllen.
Baba Dunja ist genau so eine Figur, wie die junge Sascha in "Scherbenpark" oder Rosalinda in "Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche". Man möchte sich mit ihnen beschäftigen, ihr Innerstes ergründen, mit Ihnen lachen und leiden, aber Bronsky bleibt in deren Beschreibung und bei der Psychologie ihrer Figuren immer oberflächlich.
Mehr möchte man von Baba Dunjas Leben erfahren, dem aktuellen, wie dem vergangenen, aber das Leben in Tschernowo bleibt in diesem "Romänchen" ( die 160 Seiten sind nicht nur vom Umfang zu dürftig, um sie Roman zu nennen...) zu plakativ, ist Staffage, ist Behauptung.
Alina Bronsky versucht, die verwilderte Poesie eines Ortes, der dem Tod geweiht ist, mit vielen blumigen Beschreibungen hervorzuzaubern. Sie erfindet ein Personal von Dorfbewohnern, das an Skurrilität nicht zu überbieten ist. Aber das alles bleibt blutleer und ist nicht ausgearbeitet.
Erklärungen oder Hintergründe darf man schon gar nicht erwarten.
So bleiben der Mann mit dem Kind, welche die Idylle Tschernowos stören, völlig rätselhaft.
( Achtung! Spoiler!)
Der Mann, der von einem der Bewohner Tschernowos erschlagen wird, dient lediglich als Katalysator, um den sentimentalen Schluß des Romänchens einzuläuten.
Alle kommen ins Gefängnis, wo Baba Dunja in ihrer gewollt- rührenden Naivität hinter das Geheimnis ihrer Tochter und Enkelin kommt, die in Deutschland leben ( auch Figuren, die nur eindimensionale Randerscheinungen sind), den Mord auf sich nimmt, um die anderen Alten zu verschonen, am Ende begnadigt wird und in ihre verstrahlte Idylle zurückhumpelt...
Nein, das ist mir für eine so dünne Geschichte zu dick aufgetragen. Das ist entbehrlich und schade um die Zeit!