Leben in der Todeszone

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"Wenn ich mich in meinem Alter noch über Menschen wundern würde, käme ich nicht mehr zum Zähneputzen"

Inhalt
Im Dorf ist sie als Baba Dunja, Großmutter Dunja, bekannt. Wobei alle nicht viele sind. Denn Tschernowo liegt in der Todeszone, in die nach der Nuklear-Katastrophe nur wenige alte Menschen zurückgekehrt sind. Baba Dunja züchtet in ihrem Garten Gemüse an, fährt ab und an in die Stadt, eigentlich alles ganz normal, wäre da nicht die Strahlung, der sie sich tagtäglich aussetzt. Ihrer Enkelin in Deutschland schreibt sie Briefe, da sie diese nur von Fotos kennt, denn besuchen tut ihre Familie sie schon lange nicht mehr. Als ein Fremder mit seiner kleinen Tochter die Gemeinschaft aufsucht, bringt er die Ruhe gehörig ins Wanken und stellt nicht nur das Leben von Baba Dunja auf den Kopf.

Meine Meinung
Man hört ja immer wieder davon, dass ältere Menschen aus ihren Wohnungen bzw. Häusern nicht aus- und in ein Altersheim einziehen wollen. Verständlich, wenn man über viele Jahre in seinen eigenen vier Wänden gelebt hat und sich in diesen wohl fühlt. Dass man aber freiwillig in eine Todeszone zurückzieht – ja, mit diesem Gedanken musste ich mich erst anfreunden.

Denn genau das tut Baba Dunja, wohl wissend, dass sie sich tagtäglich der Strahlung aussetzt und wohl wissend, dass sie sich damit von der Außenwelt isoliert. Sie nimmt sogar in Kauf, dass sie ihre Familie nie wieder sehen wird, denn ihre Tochter lebt in Deutschland und ihr Sohn in Amerika – weit entfernt von Tschernowo und nicht bereit diesen Flecken Erde wieder aufzusuchen.

Man mag nun meinen, dass Baba Dunja eine egoistische 83jährige Frau ist, die sich um nichts und niemanden schert und stur ihre eigenen Interessen vertritt. Aber dem muss ich vehement widersprechen. Denn Alina Bronski gelingt es Dunja so darzustellen, dass man sie trotz allem mögen muss. Sie ist böse und herzensgut zugleich, auch wenn man ihre Herzensgüte unter der rauen Schale manchmal suchen muss.

Mit viel Witz und Ironie schreibt Alina Bronski auf 160 Seiten ein teilweise märchenhaft wirkende Geschichte. Ein schmales Büchlein, das jedoch mit seinem Inhalt zu überzeugen weiß, nachdenklich macht und gehaltvoller als manch dicker Wälzer ist.

Fazit
"Baba Dunjas letzte Liebe" lebt von seiner großartigen Protagonistin, einer guten Portion Witz und einer nachdenklich stimmenden Geschichte. Klare Lese-Empfehlung!