Leben und Sterben in Tschernowo

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inyanmni Avatar

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Die Handlung von Alina Bronskys Roman „Baba Dunjas letzte Liebe“ ist schnell erzählt: Dunja ist Jahre nach dem Reaktorunfall in Tschernobyl in ihren Heimatort Tschernowo zurückgekehrt, ihr folgten eine Handvoll anderer Heimkehrer. Das Leben im Dorf ist vorhersehbar, bis eines Tages ein Mann mit seiner Tochter auftaucht, der alles verändert. Es folgen ein Tötungsdelikt, Untersuchungshaft für alle Dorfbewohner, ein falsches Geständnis und eine langersehnte Heimkehr.

Wie ich diese Geschichte finde, kann ich noch gar nicht so richtig sagen. Ich glaube, das ist eines dieser Bücher, über die man erstmal eine Weile nachdenken muss. Nach der Leseprobe hatte ich mir bezüglich der Handlung etwas anderes vorgestellt, aber das ist nicht unbedingt schlecht. Verwoben mit diesem Erzählstrang sind kleine Begebenheiten aus dem Dorfleben jetzt und vor dem Reaktorunglück.

Der Erzählton der Protagonistin ist zu Beginn sehr humorvoll-ironisch, wird dann aber – passend zum Verlauf des Romans – immer ernsthafter. Trotz allem bleibt es eine Stimme, die ich sehr angenehm und mitreißend zu lesen finde.

Die Covergestaltung hat mir von Anfang an sehr gut gefallen, schwarz, weiß und eine Farbe ist eine Kombination, die ich gerne mag. Dass als Abschnitt-Trenner ausgerechnet ein Hahn verwendet wurde (in Anlehnung an den Vogel der Nachbarin, der schon zu Beginn der Geschichte das Zeitliche segnet), finde ich sehr lustig.

Ich muss ehrlich zugeben, dass ich nach dem Ende der Lektüre nicht mit Bestimmtheit sagen kann, wer oder was die im Titel genannte letzte Liebe der Hauptfigur ist. Ihr Zuhause in Tschernowo, das einzige Zuhause, das sie je kannte? Ihre Enkelin Laura, die sie noch nie persönlich kennengelernt hat und die so ganz anders ist, als sie all die Jahre geglaubt hat? Oleg, den sie als junges Mädchen liebte, und danach vielleicht nie wieder irgendjemanden so richtig? Auch darüber werde ich mit Vergnügen noch ein wenig nachdenken.