Ganoven unter sich

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gs2802 Avatar

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 Ich fand das Buch „Banditenliebe“ von Massimo Carlotto einen durchaus erfrischend anderen Text, der aber auch stellenweise etwas schwächelt.

Interessanterweise stellt das Buch die Beschreibung einer Entführung, mitsamt deren Aufarbeitung und rivalisierenden Machtkämpfen unter Ganoven dar. Die Charaktere werden zwar mit Hingabe beschrieben, ihnen fehlt es jedoch mitunter etwas an Tiefgang, wie mir scheint. Das ist jedoch nicht unbedingt von Nachteil für den Text, ich hätte mir nur an manchen Stellen gewünscht ein bisschen mehr von Figuren wie „dem Dicken“ zu erfahren - auch wenn diese nicht unmittelbar ins Rampenlicht gerückt wurden. Die Erzählweise des Romans fand ich allerdings sehr ansprechend. Die Handlung ist überraschend kurz geschnitten und zieht sich über mehrere Jahre hinweg. Dies hätte ich mir, rein von der Leseprobe her gesehen, nicht erwartet. Im Besonderen Szenen, bei denen man erwarten würde, dass es nun auf den kommenden Seiten so richtig zur Sache gehen würde sind überraschen unaufgeregt behandelt, ja sogar bewusst ausgeklammert – wenn es etwa darum geht, Gewalt- oder Actionszenen zu beschreiben. Ein Stilmittel, das ich bis dahin noch nicht kannte, das aber etwas für sich hat, wie ich meine. Vielleicht beruht dieser Ansatz aber auch auf der Tatsache, dass der Autor, laut Umschlagtext, ehedem höchstselbst mit der beschriebenen Szene in Berührung gekommen ist, sozusagen ein Lied davon singen könnte.

Außerdem wird, meines Erachtens, indirekt darauf eingegangen, dass es unter den beschriebenen Banditen sehr wohl Unterschiede in der „Berufsethik“ gibt, wenn beispielsweise die Hauptfigur in einem Monolog festhält, dass sie zwar nichts gegen gesetzeswidriges Handeln einzuwenden hat – er, Marco, betrieb es ja selbst jahrelang und duldet es immer noch bei seinen Freunden – es aber absolut verwerflich findet, mit Waffengewalt gegen jemanden vorzugehen.

Was mir jedoch eindeutig zu kurz geraten ist, war der Charakter der entführten Tänzerin und Freundin des alten Schmugglers. Sie diente offensichtlich nur als Aufhänger für die Erzählung und wurde nach der Einleitung nur noch nebenbei erwähnt, wenn es sich sozusagen nicht vermeiden ließ.

Ansonsten fand ich das Buch eine gelungene Umsetzung einer Milieubeschreibung, sozusagen einer Episoden Erzählung, die bei mir Lust auf mehr macht.