Mental Health meets Slow Burn Romance

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bücherliebe<3 Avatar

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Das Buch handelt von Kaira, die niemandem jemals eine Bitte abschlagen kann und dabei gar nicht merkt, wie sehr sie unter Druck steht, weil ihr Pensum für keinen normalen Menschen zu schaffen ist. Und von Cooper, der seit einiger Zeit von Ort zu Ort reist, keine feste Bleibe hat und sich aufgrund einer negativen persönlichen Erfahrung nicht binden möchte. Beide treffen aufeinander, da Cooper über Kaira’s Bruder Jason einen Schlafplatz in ihrer Wohnung erhält, als er nach Portland kommt. Es funkt eigentlich sofort zwischen den beiden, aber keiner will sich das so richtig eingestehen bzw. sie kämpfen beide gegen ihre Gefühle an. Hinzu kommt, dass ihre unterschiedlichen Lebenseinstellungen das ein oder andere Mal aufeinanderprallen.
Die Autorin schafft zwei sympathische Charaktere, mit denen ich mich zunächst super identifizieren konnte. Die abwechselnde Erzählperspektive ermöglicht Einblicke in die Gedanken- und Gefühlswelt beider Figuren und diese ist von der Autorin einfühlsam ausgestaltet worden. Nach und nach merkte ich jedoch, wie ich mich besonders von Kaira immer mehr distanzierte und es mir zunehmend schwerfiel, weiter an der Geschichte dran zu bleiben. Ihre People Pleaser-Art ist authentisch herausgearbeitet, ich empfand sie aber zunehmend als anstrengend und die Figur als naiv. Sie entwickelt sich zwar im Laufe der Handlung weiter, und es ist auch logisch, dass sie sich nicht von jetzt auf gleich zu 100% wandelt, aber die Konstellation war einfach nicht meins. Mit Cooper erging es mir besser. Hier bezieht sich mein Kritikpunkt eher auf das Geheimnis, das er mit sich herumschleppt. Ich möchte das gar nicht kleinreden, es ist sicherlich ein großes Thema und auch irgendwie eine spannende Kombination im Kontrast zu Kaira. Aber die ganze Vorbereitung, bis das Geheimnis dem Leser enthüllt wird, steht irgendwie nicht im Verhältnis zu dem, was dann rauskommt. Ich zumindest hatte etwas noch viel Dramatischeres erwartet.
Die Handlung und die Liebesgeschichte bauen sich langsam auf. Auch hier wurde ich im ersten Drittel gut abgeholt, danach tat ich mich jedoch schwerer. Die Ereignisse erschienen mir zunehmend unglaubwürdiger und hatten teilweise eine zickzack-mäßige Heftigkeit, der ich emotional nicht folgen konnte (zum Beispiel: Streitgespräch – er zieht aus – sie treffen sich wieder – er zieht wieder ein. Hä?). Leider hat mich gerade auch das Ende nicht überzeugt. Der Ansatz, wie alles „gelöst“ wird, ist durchaus nachvollziehbar, aber es ging mir alles viel zu schnell und zu easy. Insbesondere im Vergleich zu der zuvor eher langsam vorangehenden Weiterentwicklung.
Insgesamt schafft es die Autorin, Kaira’s „Nie nein sagen“-Mentalität und zu was diese auf lange Sicht führt, sowie Cooper’s Erlebnisse (von denen ich hier noch nicht zu viel verraten will) mit viel Fingerspitzengefühl zu thematisieren. Beides sind Themen, die noch ein wenig nachklingen, nachdem man das Buch aus der Hand gelegt hat. Leider kam in meinen Augen im Gesamtblick die Story an sich und das Mitfiebern in der Handlung zu kurz. Das ist wohl insbesondere auf meine zunehmende Genervtheit von Kaira und teilweise auch auf etwas zu plötzliche und einfach gestrickte Handlungsstränge zurückzuführen.
Eingeschränkte Leseempfehlung für alle Fans von Slow Burn Romance, die gerne ein Buch über Mental Health-Themen lesen möchten, und denen es auch nichts ausmacht, wenn diese sehr im Mittelpunkt stehen. Immerhin ist People Pleasing ein Thema, über das ich in diesem Genre noch nicht oft gestolpert bin – also auf jeden Fall etwas Außergewöhnliches. 😊