Undank ist der Welten Lohn

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Bea, Anfang fünfzig, verheiratet mit Matthias und Mutter einer gerade erwachsenen Tochter, freut sich wie verrückt auf deren Abiball. Sie platzt fast vor Stolz, hat ihre „Lütte“ doch einen traumhaften Zensuren Durchschnitt, der es ihr ermöglicht sich in München einschreiben zu lassen, damit ist sie zwar von zu Hause weg, aber nicht so weit, dass man sich nicht gegenseitig fix besuchen könnte, auch an den Unterhaltskosten kann die Familie so sparen. Doch Beas blumige Tagträume werden jäh zerstört, denn ihre Tochter denkt gar nicht daran nach München zu gehen. Sie geht nach Passau mit ihrem Freund! Nachdem Bea diesen Schock noch nicht ganz verdaut hat, und ihr der Trennungsschmerz sehr zu schaffen macht, findet sie heraus, dass ihr Mann sich seit geraumer Zeit auch mit einer anderen Frau vergnügt. Der Eine unterstellt ihr auch nicht mehr glücklich in der Ehe gewesen zu sein, die Andere wirft ihr einen mütterlichen Kontrollzwang vor. Tief verletzt will Bea eigentlich nur noch fort, an einen Ort wo sie wieder Kraft und Energie tanken kann. Da fällt ihr ihr Lieblingsort aus der Kindheit ein, San Sebastian im Baskenland. Früher war sie jeden Sommer dort, zusammen mit ihrer Schwester. Hals über Kopf bricht sie auf.
Tessa Hennigs Bücher sind mir durch vorablesen bekannt und auch ein wenig ans Herz gewachsen. Die Autorin schafft es Alltägliches gut zu verpacken und unterhaltsame Romane mit viel Humor zu kreieren. In "Bea macht blau" kommt ein Thema zur Sprache, das mich auch schon seit einiger Zeit umtreibt: die Kinder werden flügge und brechen in ihr eigenes selbständiges Leben auf. Mein Fall in das berühmte Loch wird abgepuffert durch einen Vollzeitjob, bei der Protagonistin eher nicht.
Was mir sehr deutlich aufgefallen ist, sind die wirklich vielen Aneinanderreihungen von Klischees vom untreuen Ehemann, über die aufmüpfige Tochter, die zankhafte Schwester bis hin zur Helikopter-Mama. Ich empfinde das nicht ganz unrealistisch und Tessa Hennig versteht es auch sehr gut aus all diesem trotzdem ein sehr unterhaltsames Buch zu machen. Besonders gefallen haben mir die Beschreibung der Naturschönheiten, der Kunst und Kultur und auch der kurze politische Abriss des Baskenlandes. Da wurde meine Neugier doch sehr geweckt. Etwas zu dick aufgetragen, und deshalb ziehe ich der sonst ganz gut gelungenen Story einen Punkt ab, ist die wirklich haarsträubenden Aufklärung der Familienverhältnisse der Protagonistin.