Auswirkungen einer Entführung auf zwei Familien
Jedes Jahr im Sommer kommt eine indigene Mi'kmaq Familie als Erntehelfer von Nova Scotia nach Maine. Im Sommer 1962 verschwindet die vierjährige Ruthie, die jüngste der fünf Kinder, spurlos. Besonders Joe, der jüngste Bruder, der Ruthie besonders nahe stand, leidet sehr darunter. Er war der Letzte, der sie gesehen hat und gibt sich seither die Schuld an ihrem Verschwinden. Die Polizei ignoriert das Abhandenkommen des kleinen Mädchens, denn die Familie sei nur als Farmhelfer hier und hätte eben besser aufpassen sollen. Als Indigene haben sie kaum Rechte, werden diskriminiert und nach dem Vorfall versucht man der Familie auch noch die anderen vier Kinder wegzunehmen. Dies weiß der Vater jedoch zu verhindern. Die darauffolgenden Jahre kommen die Eltern und Geschwister wieder nach Maine zum Beeren pflücken und suchen weiter nach Spuren von Ruthie - doch leider erfolglos.
In einem zweiten Handlungsstrang erzählt die Autorin von Norma. Sie wächst in Maine bei einer emotional distanzierten Familie auf. Besonders die Mutter ist überfürsorglich und lässt Norma kaum aus dem Haus. Das Mädchen leidet unter wiederkehrenden und quälenden Träumen, die sie beunruhigen, jedoch mit den Jahren verschwinden.
Als Leser weiß man von Beginn an, dass Norma Ruthie ist, doch was damals passiert ist und ob Ruthie jemals wieder ihre Familie findet, wird erst am Ende des Romans aufgeklärt.
Erzählt wird abwechselnd aus der Sicht von Joe und Ruthie/Norma. Wir begleiten die beiden über fünf Jahrzehnte. Der Schreibstil ist einfühlsam und bildhaft. Der Aufbau des Romans ist gelungen und hat mich von der ersten Seite an begeistert. Obwohl man von Beginn an weiß, dass Nora die verschwundene Ruthie ist, bleibt die Geschichte durchgehend spannend.
Die Charaktere sind lebendig und authentisch. Sie haben Stärken und Schwächen und man fühlt sich ihnen nahe.
Joe ist in der Gegenwart Ende Fünfzig und schwer krank. Er erinnert sich an Ruthies Verschwinden und erzählt von seinem rastlosen Leben, seinem Suchen und seinen Schuldgefühlen. Er geht engen Bindungen aus dem Weg und verhält sich teilweise verantwortungslos gegenüber anderen Mitmenschen.
Auch Norma hat Schwierigkeiten mit Bindungen. Sie hat durch die traumatischen Verhaltensweise ihrer Mutter, die einige Fehlgeburten verkraften musste, ähnliche Ängste und verweigert Gefühle. Zusätzlich fühlt sie sich immer irgendwie fremd in ihrer weißen Familie.
Die Entführung hat auf beide Familien weitreichende Auswirkungen und begleitet alle ihr Leben lang. Ich habe mit all den Menschen aus Ruthies Familie mitgelitten und das Ende hat mich sehr berührt.
Die Autorin spricht im Roman immer wieder die Stellung der Indianer an. Es ist leider bekannt, dass damals indigene Kinder bewusst in weiße Pflegefamilien oder in Heime gebracht wurden, um sie "kulturell" anzupassen. Die Autorin hat selbst zum Teil indigene Abstammung und kann aus Erfahrungen aus ihrer Familie schöpfen.
Fazit:
Ein eher ruhiger, aber sehr berührenden Debütroman (!), der mich von der ersten bis zur letzten Seite mit den Figuren mitfühlen hat lassen. Auch die schwierige Situation der indigenen Bevölkerung in der Gesellschaft wird gut beleuchtet. Ein Roman, der unter die Haut geht und noch lange nachhallt. Von mir gibt es eine Leseempfehlung!
In einem zweiten Handlungsstrang erzählt die Autorin von Norma. Sie wächst in Maine bei einer emotional distanzierten Familie auf. Besonders die Mutter ist überfürsorglich und lässt Norma kaum aus dem Haus. Das Mädchen leidet unter wiederkehrenden und quälenden Träumen, die sie beunruhigen, jedoch mit den Jahren verschwinden.
Als Leser weiß man von Beginn an, dass Norma Ruthie ist, doch was damals passiert ist und ob Ruthie jemals wieder ihre Familie findet, wird erst am Ende des Romans aufgeklärt.
Erzählt wird abwechselnd aus der Sicht von Joe und Ruthie/Norma. Wir begleiten die beiden über fünf Jahrzehnte. Der Schreibstil ist einfühlsam und bildhaft. Der Aufbau des Romans ist gelungen und hat mich von der ersten Seite an begeistert. Obwohl man von Beginn an weiß, dass Nora die verschwundene Ruthie ist, bleibt die Geschichte durchgehend spannend.
Die Charaktere sind lebendig und authentisch. Sie haben Stärken und Schwächen und man fühlt sich ihnen nahe.
Joe ist in der Gegenwart Ende Fünfzig und schwer krank. Er erinnert sich an Ruthies Verschwinden und erzählt von seinem rastlosen Leben, seinem Suchen und seinen Schuldgefühlen. Er geht engen Bindungen aus dem Weg und verhält sich teilweise verantwortungslos gegenüber anderen Mitmenschen.
Auch Norma hat Schwierigkeiten mit Bindungen. Sie hat durch die traumatischen Verhaltensweise ihrer Mutter, die einige Fehlgeburten verkraften musste, ähnliche Ängste und verweigert Gefühle. Zusätzlich fühlt sie sich immer irgendwie fremd in ihrer weißen Familie.
Die Entführung hat auf beide Familien weitreichende Auswirkungen und begleitet alle ihr Leben lang. Ich habe mit all den Menschen aus Ruthies Familie mitgelitten und das Ende hat mich sehr berührt.
Die Autorin spricht im Roman immer wieder die Stellung der Indianer an. Es ist leider bekannt, dass damals indigene Kinder bewusst in weiße Pflegefamilien oder in Heime gebracht wurden, um sie "kulturell" anzupassen. Die Autorin hat selbst zum Teil indigene Abstammung und kann aus Erfahrungen aus ihrer Familie schöpfen.
Fazit:
Ein eher ruhiger, aber sehr berührenden Debütroman (!), der mich von der ersten bis zur letzten Seite mit den Figuren mitfühlen hat lassen. Auch die schwierige Situation der indigenen Bevölkerung in der Gesellschaft wird gut beleuchtet. Ein Roman, der unter die Haut geht und noch lange nachhallt. Von mir gibt es eine Leseempfehlung!