Die Geschichte eines Verschwindens aus zwei Perspektiven erzählt

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
turbulenzen_und_so Avatar

Von

Ein Kind verschwindet und außer der eigenen Familie scheint es niemanden zu kümmern. Tiefer kann Rassendiskriminierung kaum greifen. Denn so geschieht es als die kleine Ruth verschwindet. Ihre Familie gehört zu den Mi'kmaqs, die in Novia Scotia (Kanada) beheimatet sind und zum Arbeiten nach Maine (USA) kommen. Sie werden geduldet, weil die Arbeitskraft benötigt wird, aber ein Interesse an Integration gibt es nicht.
Die Geschichte beginnt in den 60er Jahren, aber auch die kommenden Jahrzehnte bringe keine wirkliche Verbesserung.

Die Spannung des Buches besteht nicht darin, was mit Ruth passiert ist, denn das wird schon sehr schnell klar, sondern, wie die Leben zweier Menschen verlaufen und der Hoffnung, ob sie sich wiedersehen.

Erzählt wird abwechselnd aus Sicht von Joe, dem jüngsten Sohn der Familie und älteren Bruder von Ruthie und aus Sicht von Norma und - Achtung Spoiler - die eigentlich Ruthie ist.

Obwohl es teilweise schwer auszuhalten war, könnte ich nicht aufhören zu lesen. Ich habe mit Joe mitgelitten. Er war selbst noch ein Kind, als seine Schwester, ohne Spuren zu hinterlassen, von einem Moment auf den nächsten verschwand. Aber diese Tatsache und die (unnötige) Schuld, die er sich selbst aufgeladen hat, beeinflussen sein halbes Leben. Weitere Schicksalsschläge und Verzweiflungstaten lassen ihn ausbrechen und alles hinter sich zu lassen, was ihm lieb ist. Während wir ihn auf seinem Roadtrip begleiten, lernen wir Norma kennen, die oft so nah an der eigenen Wahrheit ist und dann doch daran vorbei schlittert. Ein Leben voller Entbehrungen, von denen sie vielleicht etwas ahnt, das aber lange, lange Zeit unentdeckt bleibt.

Amanda Peters schafft es mich immer wieder verzweifeln zu lassen, aber dennoch die Hoffnung zu schüren, dass eines Tages alles gut wird. Der Roman hat mich so gefesselt, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen wollte und das ist eines dieser Bücher, dass das Fernweh entfacht. Ich habe wieder große Lust auf Kanada. Ich möchte nach Nova Scotia, möchte die Badlands und Grassland sehen und vielleicht in Maine Beeren pflücken.